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Identitätsfeststellung einer Person durch geeignete Zeugen als vorrangige Alternative zur Festnahme
Ra 2018/03/0008 vom 24. April 2018
Nach § 35 Z 1 VStG dürfen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes - außer in den gesetzlich besonders geregelten Fällen - Personen wegen „mangelnder Identifizierbarkeit“ festnehmen. Diese Bestimmung setzt einen - den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes - unbekannten auf frischer Tat Betretenen voraus, der sich nicht ausweist bzw. die Ausweisleistung verweigert und dessen Identität auch sonst (also anders als durch Ausweisleistung) nicht sofort feststellbar ist. Intention der Regelung ist es, eine Festnahme zur Feststellung der Identität so lange zu vermeiden, bis alle möglichen Alternativen zur Identitätsfeststellung ausgeschöpft sind.
Im vorliegenden Fall befand sich der Revisionswerber mit einem Freund und weiteren Gästen in einem Gastgarten eines Lokals. Gegen 22:15 Uhr wurden Polizeibeamte aufgrund einer Lärmbeschwerde zum Lokal beordert. Diese ersuchten die Gäste sich ruhiger zu verhalten. Zwischen dem Revisionswerber und den Polizeibeamten kam es daraufhin zu einem Streitgespräch, wobei der Revisionswerber die Polizeibeamten - leicht alkoholisiert - als „Rotzlöffel“ beschimpfte. Als dieser aufgefordert wurde sich auszuweisen, jedoch keinen Ausweis bei sich hatte, wurde er von den Polizeibeamten aufgefordert, mit auf die Polizeiinspektion zu kommen, wo seine Identität mittels Abfrage des Führerscheinregisters geklärt wurde.
Der VwGH hielt fest, dass eine Festnahme zur Identitätsfeststellung nur nach Ausschluss anderer, gelinderer Möglichkeiten erfolgen darf. Die persönliche Freiheit soll im Einzelfall nur in dem Maß entzogen werden dürfen, wenn und soweit dies zum Zweck der Maßnahme nicht außer Verhältnis steht. Ein Freiheitsentzug ist unzulässig, wenn sein Ziel durch nicht oder weniger belastende Maßnahmen erreicht werden könnte. Vor diesem Hintergrund stellt die Identitätsfeststellung durch Identitätszeugen gegenüber einer Freiheitsentziehung durch eine Festnahme die weniger belastende Maßnahme dar. Ob diese Alternative im Einzelfall möglich ist und geeignete Personen - hier: etwa die Kellnerin, der Wirt oder ein Freund des Revisionswerbers - als Identitätszeugen vorhanden sind, ist von den amtshandelnden Organen situationsbedingt gemeinsam mit der Frage, ob alle Voraussetzungen für die Festnahme nach § 35 Z 1 VStG gegeben sind, zu beurteilen.
Download: Volltext der Entscheidung