Der Gebrauch von Cookies erlaubt uns Ihre Erfahrung auf dieser Website zu optimieren. Wir verwenden Cookies zu Statistikzwecken und zur Qualitätssicherung. Durch Fortfahren auf unserer Website stimmen Sie dieser Verwendung zu.

Weitere Informationen

Image-Film abspielen

Information
Sämtliche Entscheidungen ab 1990 sind durchgehend im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erfasst. Ältere unveröffentlichte Entscheidungen können gegen Ersatz der Kopierkosten im Servicecenter bestellt werden.

Verlängerte Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO bei Hinterziehung durch den Erblasser

Ro 2017/15/0015 und Ro 2017/15/0031 bis 00344 vom 31. Jänner 2018

Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO zehn Jahre (statt der ansonsten üblichen fünf Jahre).

Vor dem VwGH wurde strittig: Kann im Abgabenverfahren geprüft werden, ob eine Person, die inzwischen verstorben ist, seinerzeit Abgaben hinterzogen hat, sodass für deren Abgabenschulden (bei Vorschreibung an die Erben) die verlängerte Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO zur Anwendung kommt.

Ein im Jahr 2011 verstorbener Steuerpflichtiger legte ab dem Jahr 2003 in Liechtenstein auf Depots und Konten einer Bank Geld an. Die Einkünfte aus diesen ausländischen Kapitalveranlagungen (Zinsen) erklärte er dem Finanzamt in Österreich rechtswidrig nicht.

Das Finanzamt ging davon aus, dass dieser Erblasser im Zusammenhang mit den Einkünften aus den ausländischen Kapitalveranlagungen vorsätzlich Einkommensteuer hinterzogen hat, weshalb für seine Einkommensteuer der Jahre ab 2003 die verlängerte Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO anzuwenden ist. Das Finanzamt erließ daraufhin im Jahr 2013 gegenüber den Erben Bescheide betreffend die Einkommensteuerschulden des Erblassers für die Jahre 2003 bis 2006. Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde der Erben keine Folge. Diese erhoben Revision.

Der VwGH wies die Revision als unbegründet ab: Im gegenständlichen Fall hat es kein gerichtliches oder finanzstrafbehördliches Strafverfahren gegeben. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht daran gehindert, im Abgabenverfahren eigenständig festzustellen, dass Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO hinterzogen sind. Das Gesetz stellt dabei darauf ab, dass eine Abgabe hinterzogen ist. Die (Verlängerung der) Verjährungsfrist bezieht sich demnach nicht auf ein Rechtssubjekt, sondern auf die Abgabenforderung. Es kommt somit nicht darauf an, wer eine Abgabenhinterziehung (also eine vorsätzliche Abgabenverkürzung) begangen hat. Damit ist es aber auch unerheblich, ob jene Person, die (allenfalls) eine Abgabe hinterzogen hat, bereits verstorben ist und die Steuervorschreibung an die Erben erfolgt.

Die Revisionswerber wendeten ein, mit einer Feststellung der durch den Erblasser begangenen Hinterziehung sei dessen Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK, § 57 Abs. 7 FinStrG, § 8 StPO) verletzt, da er sich gegen die Feststellung, vorsätzlich Abgaben verkürzt zu haben, nicht mehr wehren könne. Diesem Vorbringen hält der VwGH entgegen, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Entscheidung in einem Strafverfahren getroffen wurde; es handelt sich vielmehr um eine Entscheidung in einem Abgabenverfahren, in deren Rahmen auch eine (strafrechtliche) Vorfrage zu beurteilen war.

Download: Volltext der Entscheidung