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Gerichtsgebühr bei zivilgerichtlicher Klagsführung durch eine internationale Organisation
Ro 2018/16/0017 vom 22. Oktober 2018
Zwischen der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (einer internationalen Organisation) und der Republik Österreich bestehen völkerrechtliche Abkommen (unter anderem das Establishment Agreement, BGBl III 2011/23), in denen der Bank unter anderem die Befreiung (Immunität) von der österreichischen Gerichtsbarkeit und von der Vollstreckung in ihre Vermögenswerte eingeräumt wird. In Artikel 10 Abs. 1 und 3 des Establishment Agreements wird der Bank die Befreiung von österreichischen Abgaben gewährt.
Nunmehr hat sich ergeben, dass die Bank bei einem österreichischen Zivilgericht eine Klage über einen zivilrechtlichen Anspruch eingebracht hat. Dies hat die Frage aufgeworfen, ob die Bank die Gerichtsgebühr, die stets mit der Einbringung einer Klage verbunden ist, zu tragen hat. Die Bank machte unter Bezugnahme auf die völkerrechtlichen Abkommen, insbesondere das Establishment Agreement, die Befreiung von der Gerichtsgebühr geltend.
Der Präsident des Landesgerichts als Gebührenvorschreibungsbehörde erster Instanz schloss sich der Ansicht der Bank nicht an und schrieb ihr mit Bescheid die Gerichtsgebühr vor.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wandte die Bank ein, das Establishment Agreement regle in Artikel 20, dass Fragen der Auslegung des Vertrages endgültig von einem Schiedsgericht zu klären seien. Es sei daher weder eine Verwaltungsbehörde noch ein Gericht in Österreich zur Klärung dieser Frage zuständig.
Das Bundesverwaltungsgericht folgte der Ansicht der Beschwerde und hob den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts ersatzlos auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, im Hinblick auf die Schiedsklausel in Artikel 20 des Establishment Agreements habe keine österreichische Zuständigkeit zur Gebührenvorschreibung bestanden, weil kein Schiedsurteil vorliege, das darüber abspreche, ob die im Establishment Agreement geregelte Befreiung auch Gerichtsgebühren umfasse.
Der Präsident des Landesgerichts erhob Revision. Der VwGH gab der Revision Folge und entschied in der Sache selbst, indem er aussprach, dass die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Gebührenvorschreibungsbescheid abgewiesen wird, dieser Gebührenbescheid also wiederum in Geltung tritt.
Der VwGH begründet: Die Zuerkennung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen dient der Sicherstellung der angemessenen Funktion solcher Organisationen. Internationalen Organisationen wird regelmäßig in einschlägigen Verträgen Immunität vor zivilrechtlichen Klagen für sich und ihr Vermögen eingeräumt. Auf die völkerrechtliche Immunität kann, wie dies das Establishment Agreement in Art. 5 ausdrücklich vorsieht, verzichtet werden. Ein solcher Verzicht auf die Immunität vor der österreichischen Gerichtsbarkeit ist in der Einbringung einer Klage bei einem österreichischen Zivilgericht zu erblicken. In der Einbringung der Klage durch die Bank vor dem Landesgericht liegt nach völkerrechtlichen Regeln auch der wirksame Verzicht auf die Immunität gegenüber in diesem Zusammenhang ergehenden Aufträgen des Gerichts, aber auch gegenüber Justizverwaltungsbehörden im Zuge des Verfahrens zur Entrichtung der Gerichtsgebühr, sodass den österreichischen Behörden in dieser Frage Jurisdiktion zukommt.
Dabei sind die österreichischen Behörden auch zuständig zu beurteilen, ob die Gerichtsgebühren von der Abgabenbefreiung nach Art. 10 des Establishment Agreements erfasst sind. Dies ergibt sich bereits aus § 38 AVG, wonach die Behörde zur Beurteilung von Vorfragen zuständig ist. Ein Schiedsverfahren ist noch nicht eingeleitet, ein Schiedsspruch iSd Art. 20 Establishment Agreement liegt noch nicht vor. Der VwGH sprach in diesem Zusammenhang aus, dass derzeit dahingestellt bleiben könne, welche rechtliche Bedeutung einem Schiedsspruch, sollte es in Zukunft einmal zu einem solchen kommen, zukommen könnte. Zweifelsfrei sei jedenfalls, dass vor dem Vorliegen eines solchen Schiedsspruches die Frage der Befreiung von den Gerichtsgebühren von den österreichischen Behörden beurteilt wird.
Zur Frage der Gebührenpflicht als solche sprach der VwGH aus, dass keine Befreiung bestehe. Art. 10 Abs. 3 des Establishment Agreements befreie zwar alle Schriftstücke betreffend Rechtsgeschäfte, an denen die Bank beteiligt sei. Die Gerichtsgebühr werde nicht durch ein Schriftstück (nicht durch die Klagsschrift als Schriftstück) ausgelöst, sondern durch die Einbringung der Klage bei Gericht. Gegenstand der Gerichtsgebühr sei das zivilgerichtliche Verfahren als solches und nicht der Klagsschriftsatz.
Allerdings weist der VwGH darauf hin, dass gegen die Bank keine Exekution zur Einbringung der Gerichtsgebühr geführt werden kann. Von der Frage des Verzichts auf die Immunität gegenüber der österreichischen Gerichtsbarkeit sei die Frage der Immunität von einer allfälligen Zwangsvollstreckung in das Vermögen bei der internationalen Organisation zu unterscheiden, auf die gesondert verzichtet werden müsste.
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