Navigation
Inhalt
Einkommensteuer: Absetzbarkeit der Kosten aus Folgeerkrankungen einer Behinderung
Ro 2016/13/0010 vom 23. Februar 2019
Krankheitskosten können einkommensteuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, aber nur nach Kürzung um einen persönlichen Selbstbehalt gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988. Stehen die Krankheitskosten allerdings mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von zumindest 25% in Zusammenhang, können sie ohne Kürzung um einen Selbstbehalt geltend gemacht werden.
Weil der Steuerpflichtige an "Diabetes mellitus Typ II" litt, wurde ihm eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 30% attestiert. Daher setzte er in der Einkommensteuererklärung behinderungsbedingte außergewöhnliche Belastungen (pauschaler Freibetrag wegen der Behinderung von 30% sowie Kosten der Diätverpflegung) ab. Zudem machte er "Kosten einer Heilbehandlung" als behinderungsbedingte Belastungen, also ohne Kürzung um einen Selbstbehalt geltend.
Das Finanzamt berücksichtigte die vom Steuerpflichtigen geltend gemachten "Kosten einer Heilbehandlung" nur zu einem Teil als behinderungsbedingte außergewöhnliche Belastungen.
Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde des Steuerpflichtigen statt und berücksichtigte alle "Kosten einer Heilbehandlung" als behinderungsbedingte Belastungen. Es sei medizinisch anerkannt, dass Diabetes Folgeerkrankungen, wie etwa Schilddrüsenunterfunktion, Erkrankungen der Arterien, Erkrankungen der Venen, nach sich ziehen könne. Soweit die Aufwendungen des Steuerpflichtigen mit derartigen Erkrankungen im Zusammenhang stünden, stellten sie Kosten der Heilbehandlung im Zusammenhang mit der Behinderung wegen Diabetes dar.
Das Finanzamt erhob Revision.
Der VwGH führt in seinem Erkenntnis aus, nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind im Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25% die Kosten der Heilbehandlung als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit der Kosten der Heilbehandlung ist, dass diese in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Das Bundesfinanzgericht ist daher insoweit im Recht, als es die Ansicht vertritt, dass Krankheitskosten etwaiger Folgeerkrankungen einer Behinderung als Kosten der Heilbehandlung und somit ohne Abzug des Selbstbehalts zu berücksichtigen sind. Dass aus der Folgeerkrankung selbst eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25% resultieren müsste, ist - entgegen der Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes - dabei nicht erforderlich.
Die Begründung des Bundesfinanzgerichtes, wonach die weiteren Erkrankungen des Steuerpflichtigen Folgeerkrankungen der Diabetes mellitus Typ II-Erkrankung darstellen, erwies sich jedoch als mangelhaft, weil das Bundesfinanzgericht lediglich abstrakt darauf verwiesenhatte, dass Diabetes zu bestimmten Folgeerkrankungen führen kann, ohne festzustellen, ob das gegenständlich der Fall gewesen ist. Deshalb wurde die angefochtene Entscheidung vom VwGH wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.