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Pauschale Berechnung der Immobilienertragsteuer

Ro 2016/15/0013 vom 18. Oktober 2018

Das Erkenntnis behandelt die Auslegung des Begriffes der "Steuerverfangenheit eines Grundstückes" im Sinne des § 30 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988.

Ein Steuerpflichtiger erwarb im Jahr 2006 ein (unbebautes) Grundstück, auf das er in den Jahren 2007 und 2008 ein Gebäude mit mehreren Mietwohnungen errichtete. Nach Begründung von Wohnungseigentum verkaufte er im April 2012 eine der Wohnungen an den bisherigen Mieter.

Im Zusammenhang mit der Einkommensteuer 2012 war fraglich, ob für das Veräußerungsgeschäft in Bezug auf den Gebäudeanteil die (günstigere) pauschale Ermittlung der Anschaffungskosten gemäß § 30 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988 in der Fassung des 1. Stabilitätsgesetzes 2012 in Anspruch genommen werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn das Grundstück am 31. März 2012 nicht steuerverfangen war.

Das Finanzamt ging davon aus, dass eine pauschale Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer nicht zulässig sei. Die im Jahr 2006 angeschaffte Liegenschaft sei zum 31. März 2012 noch steuerverfangen im Sinne des § 30 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988 gewesen, weil die (zehnjährige) Spekulationsfrist im Sinne des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a Einkommensteuergesetz 1988 in der Fassung vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war. Der Steuerpflichtige vertrat hingegen die Ansicht, dass er die Wohnung nach der am 31. März 2012 geltenden Rechtslage steuerfrei hätte verkaufen können, weil ihm nach der alten Rechtslage die Herstellerbefreiung ungeachtet der zwischenzeitigen Vermietung zugestanden wäre und daher von keiner "Steuerverfangenheit" der Liegenschaft auszugehen sei.

Das Bundesfinanzgericht teilte die Auffassung des Finanzamtes. 

Die dagegen vom Steuerpflichtigen erhobene Revision blieb erfolglos. Begründend verwies der VwGH auf seine ständige Rechtsprechung, wonach durch den Bau eines Gebäudes auf eigenem Grund kein neues Wirtschaftsgut entsteht. Boden und Gebäude bilden eine wirtschaftliche Einheit. Wird ein Grundstück nach der Anschaffung bebaut, beginnt die Spekulationsfrist des § 30 Abs. 1 lit. a Einkommensteuergesetz 1988 alte Fassung bereits mit der Anschaffung des Grundstückes zu laufen. Die Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück setzt keine neue Frist in Gang.

Wenn § 30 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988 in der Fassung des 1. Stabilitätsgesetz 2012 von Grundstücken spricht, die am 31. März 2012 nicht steuerverfangen waren, kann demzufolge nur entscheidend sein, ob hinsichtlich des nach dem 31. März 2012 verkauften Grundstückes zum 31. März 2012 die Spekulationsfrist bereits abgelaufen war oder nicht. Der Bebauung des Grundstückes kommt hingegen keine Relevanz für die Frage der Steuerverfangenheit des Grundstückes zu. War zum 31. März 2012 die Spekulationsfrist für das Grundstück noch nicht abgelaufen, war ein bebautes Grundstück als Ganzes steuerverfangen. War hingegen die Spekulationsfrist abgelaufen, unterlag das bebaute Grundstück zur Gänze nicht der Steuerpflicht nach § 30 Einkommensteuergesetz 1988 in der Fassung vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012. 

Im Hinblick auf den im Jahr 2006 erfolgten Ankauf des Grundstücks war daher im gegenständlichen Fall die Immobilienertragsteuer zu Recht unter Heranziehung der tatsächlichen Anschaffungskosten ermittelt worden. 

Die mit Abgabenänderungsgesetz 2015 in § 30 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988 durch Ergänzung der Wortfolge "ohne Berücksichtigung von Steuerbefreiungen" beabsichtigte "Klarstellung" hatte somit – entgegen der Ansicht des Revisionwerbers – keine Änderung des normativen Gehaltes des § 30 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988 bewirkt.

Download: Volltext der Entscheidung