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Zu den Anforderungen einer vorwissenschaftlichen Arbeit im Zuge der Matura

Ro 2017/10/0020 vom 29. November 2018

Die Revisionswerberin, eine Schülerin des Musischen Gymnasiums Salzburg, verfasste im Rahmen der Matura eine - von der Schulbehörde genehmigte - vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) mit dem Titel "Das Zusammenspiel von Gehirn, Psyche und Organen basierend auf fünf Biologischen Naturgesetzen". Die Prüfungskommission beurteilte die abschließende Arbeit mit "Nicht genügend". Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Landesschulrat mit Bescheid ab und bestätigte die Beurteilung der Prüfungskommission. In ihrer VWA habe die Revisionswerberin bestimmte Aussagen und Thesen einer Person unreflektiert übernommen und diese ohne weitere Verweise auf die Umstrittenheit der Thesen unkommentiert als "strenge Wissenschaft" bezeichnet. Sie habe einseitiges Datenmaterial verwendet und die Gegenüberstellung der Aussagen  und Thesen ihres alternativmedizinischen Themas mit den Methoden der Schulmedizin unterlassen.

Gegen diese Entscheidung erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und brachte u.a. vor, das alternativmedizinische Thema sei seitens der Betreuungskraft und der Schulleiterin genehmigt worden. Multiperspektivität und Kontroversität seien nicht Teil der abgestimmten Themenstellung gewesen; ein Vergleich zur Schulmedizin sei nicht vereinbart gewesen. Eine "gewisse Umstrittenheit" der Thematik sei ihr bekannt gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde ab und ließ gleichzeitig die ordentliche Revision an den VwGH zu, weil es an Rechtsprechung zu den maßgeblichen Bestimmungen der §§ 34 bis 38 SchUG iVm §§ 7 bis 10 Prüfungsordnung AHS fehle.

Auf bestehende Rechtsprechung hinweisend, führte der VwGH aus, dass - entgegen dem Vorbringen in der Revision - ausschließlich die "Leistungen der Schüler" Gegenstand der Leistungsbeurteilung sind. Im Rahmen der Leistungsbeurteilung ist demnach nicht zu prüfen, ob den Anforderungen an eine kontinuierliche Betreuung in ausreichendem Maß entsprochen worden ist.

Für den Bereich der allgemein bildenden höheren Schulen sieht § 7 Prüfungsordnung AHS vor, dass die vorwissenschaftliche Arbeit aus einer "auf vorwissenschaftlichem Niveau" zu erstellenden schriftlichen Arbeit über ein dem Bildungsziel der allgemein bildenden höheren Schule entsprechendes Thema einschließlich deren Präsentation und Diskussion besteht. Bei der Themenfestlegung ist § 8 Abs. 1 leg. cit. zu beachten; demnach ist erforderlich, dass unterschiedliche Informationsquellen unter sachgerechter Nutzung sowie Einsatz neuer Medien und geeigneter Lern - und Arbeitstechniken zielführende Aufschlüsse über den Themenbereich zulassen. Zusammenhängende Sachverhalte sollen selbständig mit geeigneten Methoden erfasst und unter Zugrundelegung logischer Denkweisen sinnvoll hinterfragt und kritisch problematisiert werden können. Die Prüfungskandidatin bzw. der Prüfungskandidat soll ihre bzw. seine Fähigkeit unter Beweis stellen, das festgelegte - und von der Schulbehörde genehmigte - Thema auf einem vorwissenschaftlichen Niveau abzuhandeln.

Gegenständlich wurde nach diesen Bestimmungen ein Thema festgelegt, dem die zuständige Schulbehörde gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. zustimmte. Dieses Thema hatte (nach der Themenstellung, der angeführten Literatur als auch den Ausführungen zum "Erwartungshorizont") unmissverständlich die Darlegung lediglich einer bestimmten Sichtweise zu Krankheitsursachen zum Inhalt, die von der medizinischen Wissenschaft nahezu geschlossen als völlig haltlos angesehen wird. Der VwGH hielt fest, dass die gestellten Anforderungen für die Beurteilung jedenfalls vor dem Hintergrund des festgelegten und von der Schulbehörde genehmigten Themas der Arbeit zu sehen sind. Dass die Behandlung des konkret vorliegenden Themas auf vorwissenschaftlichem Niveau jedenfalls darzulegen hätte, dass und aus welchen Gründen die Sichtweise unter medizinisch-wissenschaftlichen Gesichtspunkten jeder Grundlage entbehrt, um die Leistungsanforderungen an eine vorwissenschaftliche Arbeit inhaltlich und methodisch überwiegend zu erfüllen, überspannt nach Ansicht des VwGH die an eine vorwissenschaftliche Arbeit zu stellenden Anforderungen. 

Der VwGH hob das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

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