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Körperschaftsteuer: "Liquidationsgewinn" eines Gruppenmitglieds
Ro 2017/13/0009, 0010 vom 4. September 2019
In diesem Fall war die B GmbH seit 2006 Gruppenmitglied und die TB GmbH Gruppenträgerin einer seit 2006 gebildeten Unternehmensgruppe. Über das Vermögen der B GmbH wurde im Jahr 2008 der Konkurs eröffnet. Im Jahr 2010 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben und die B GmbH amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht.
Im Feststellungsbescheid des Gruppenmitglieds für 2010 stellte das Finanzamt nicht den erklärten Verlust, sondern einen Gewinn des Gruppenmitglieds in Höhe von 2 Mio. € fest, der der Gruppenträgerin zuzurechnen sei. Im Falle der Liquidation bzw. des Konkurses wird der Gewinn nach § 19 KStG 1988 durch Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ermittelt. Das Abwicklungs-Anfangsvermögen der B GmbH hatte minus 2 Mio. € (Überschuldung) betragen. In einer Wortinterpretation des § 19 KStG 1988 gelangte das Finanzamt zur Auffassung, das Abwicklungs-Endvermögen sei "das zur Verteilung kommende Vermögen". Ob ein Wirtschaftsgut im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen sei, hänge also davon ab, ob es zur Verteilung an die Gesellschafter gelange bzw. auf diese übertragen werde. Die Verbindlichkeiten der B GmbH seien mangels Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge nicht auf die Gesellschafter übergegangen, weshalb das Abwicklungs-Endvermögen ohne Berücksichtigung der Schulden, also mit 0 € anzusetzen sei. Daraus ergebe sich ein Liquidationsgewinn in Höhe von 2 Mio. € für die B GmbH, welcher der Gruppenträgerin zuzurechnen sei.
Das Bundesfinanzgericht teilte im Wesentlichen die Ansicht des Finanzamtes und wies die erhobenen Beschwerden der GmbHs als unbegründet ab.
Der VwGH führte hierzu aus, § 19 KStG 1988 sieht eine finale Besteuerung der im Betriebsvermögen im Laufe des Bestandes der Körperschaft angesammelten stillen Reserven vor. Damit wird sichergestellt, dass die aufgrund der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen (stillen Reserven) bei der letzten sich bietenden Möglichkeit besteuert werden, bevor das Steuersubjekt endgültig wegfällt. Eine darüber hinausgehende Besteuerung einer bei der zu liquidierenden Gesellschaft nicht eingetretenen Vermögensmehrung ergibt sich daraus nicht. Den Ansatz der Schulden im Abwicklungs-Endvermögen in einem der Bewertung vorgelagerten Schritt von ihrer tatsächlichen Verteilung abhängig zu machen, wie dies das Bundesfinanzgericht vertritt, entspräche nicht dem Gesetzeszweck. Das Abwicklungs-Endvermögen ist das für eine Verteilung zur Verfügung stehende Vermögen, das auch negativ sein kann, sodass sich im gegenständlichen Fall kein Liquidationsgewinn, sondern ein Verlust errechnet.
Da die Gruppenbesteuerung dem Ausgleich der Gewinne und Verluste werbender Gesellschaften dient, die Verrechnung von Abwicklungsergebnissen mit operativen Ergebnissen diesem Zweck nicht entspräche und auch die Erfassung eines konsolidierten Ergebnisses mehrerer Jahre in einem Jahresergebnis systemwidrig wäre, führte der VwGH sodann auch noch aus, dass das Abwicklungsergebnis nicht als ein dem Gruppenträger zuzurechnendes Einkommen des Gruppenmitglieds festzustellen sei.
Aus diesen Gründen hob der VwGH die angefochtenen Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf.