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§ 4 Abs. 1a Z 3 StudFG 1992: Zur Auslegung der Wortfolge "ausreichende Integration in das österreichische Bildungs- oder Gesellschaftssystem"
Ro 2018/10/0028 vom 25. Juni 2019
Nach § 4 Abs. 1a Z 3 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) sind EWR-Bürger österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, wenn sie "in das österreichische Bildungs- oder Gesellschaftssystem integriert" sind. Im vorliegenden Fall befasste sich der VwGH mit der Auslegung dieser Wortfolge.
Den Erläuterungen des § 4 Abs. 1a Z 3 StudFG ist zu entnehmen, dass mit dieser Bestimmung einschlägigen Vorschriften und der Judikatur des EuGH Rechnung getragen werden sollte, wobei beispielsweise hinsichtlich der Integration in das österreichische Bildungs- oder Gesellschaftssystem das Urteil des EuGH in der Rechtssache Bidar, C-209/03, zitiert wurde. Nach dieser Entscheidung habe ein im Aufnahmemitgliedsstaat rechtmäßig aufhältiger Student, der einen großen Teil seiner Ausbildung an weiterführenden Schulen in diesem Staat erhalten habe, eine tatsächliche Verbindung zu der Gesellschaft dieses Staates hergestellt.
Aus dieser und weiterer im vorliegenden Erkenntnis angeführten Judikatur des EuGH folgt, dass zur Beurteilung einer ausreichenden Integration einer Person in die Gesellschaft des Leistungsstaates im Rahmen einer Einzelfallprüfung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die eine besondere Verbundenheit mit dem Leistungsstaat auszudrücken vermögen, wie etwa - jeweils bezogen auf den Leistungsstaat - die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes, die Staatsangehörigkeit, die Absolvierung eines erheblichen Teiles der Schulausbildung, Familie, Beschäftigung, Spracherkenntnisse und sonstige soziale oder wirtschaftliche Bindungen.
Darüber hinaus ist innerstaatlich alternativ auch die Integration in das österreichische Bildungssystem gesondert angeführt (§ 4 Abs. 1a Z 3 StudFG); eine bloße Bildungsintegration könnte etwa dann vorliegen, wenn eine österreichische Schule im Ausland besucht wird.
Ausgehend davon, dass im Rahmen einer Einzelfallprüfung der Integrationsgrad einer Person in das Bildungs- oder Gesellschaftssystem zu beurteilen ist, spielen im Rahmen der Bewertung der einzubeziehenden Kriterien naturgemäß jedenfalls die Intensität der Integrationsmaßnahmen sowie deren Dauer und zeitliches Naheverhältnis zum Antragszeitpunkt eine maßgebliche Rolle, wobei auch die in den anderen Ziffern des § 4 Abs. 1a StudFG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen ist.
Im vorliegenden Fall verkannte das Bundesverwaltungsgericht, welche Kriterien für die Beurteilung der Integration der Revisionswerberin in das österreichische Gesellschaftssystem heranzuziehen sind und dass eine solche Bewertung alternativ auch in Bezug auf das österreichische Bildungssystem vorzunehmen ist. Der VwGH hob das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.