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Keine Parteistellung von Asylwerbern im Konsultationsverfahren nach Art. 10 Dublin III-VO
Ro 2018/19/0005-0010 vom 26. März 2019
Die Revisionswerber, eine afghanische Familie mit vier Kindern, reisten im März 2016 gemeinsam in Griechenland ein. Der Erstrevisionswerber reiste weiter nach Österreich, wo er am 22. Jänner 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Sein Verfahren wurde in Österreich zugelassen. Die Zweit- bis Sechstrevisionswerber stellten am 27. Jänner 2017 in Griechenland Anträge auf internationalen Schutz.
Im April, im Juni und im Juli 2017 richteten die griechischen Behörden ein auf Art. 10 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen hinsichtlich der Zweit- bis Sechstrevisionswerber an die österreichischen Behörden; diese hätten schriftlich den Wunsch nach einer Familienzusammenführung mit dem Erstrevisionswerber und einer Entscheidung ihrer Anträge auf internationalen Schutz in Österreich geäußert. Das BFA lehnte diese Ersuchen mit der Begründung ab, dass die Familieneinheit der Revisionswerber im Zeitpunkt ihrer Einreise in Griechenland bestanden habe und die Trennung der Familie durch die Weiterreise des Erstrevisionswerbers nach Österreich bewusst erfolgt sei. Es sei nicht Zweck der Familienzusammenführung nach Art. 10 Dublin III-VO, eine Trennung einer Familieneinheit und die Weiterreise in einen Mitgliedstaat eigener Wahl zu ermöglichen.
Mit einem gemeinsamen Schriftsatz vom 11. August 2017 beantragten die Revisionswerber beim BFA unter anderem die Erlassung von Feststellungsbescheiden zu den ablehnenden Antworten, wonach das BFA einer Aufnahme der Zweit- bis Sechstrevisionswerber nicht zustimme, weil Österreich nicht zur Prüfung ihrer Anträge auf internationalen Schutz nach Art. 10 Dublin III-VO zuständig sei, in eventu die Zustimmung zum griechischen Aufnahmegesuch.
Das BFA lehnte diese Anträge im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Konsultationsverfahren nach der Dublin III-VO zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedsstaat um ein rein zwischenstaatliches Verfahren handle.
In Bestätigung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das die Beschwerden hinsichtlich der Zurückweisung der Anträge abgewiesen hatte, führte der VwGH aus, dass weder das AsylG 2005 noch eine andere nationale Rechtsvorschrift die Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber vorsieht, ob Österreich nach der Dublin III-VO der zuständige Mitgliedstaat zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz ist und daher einem (Wieder-)Aufnahmegesuch zuzustimmen oder es abzulehnen hat. Unter Verweis auf EuGH-Judikatur und hg. Rechtsprechung führte er weiter aus, dass das Remonstrationsverfahren gegen die Ablehnung der Aufnahme durch österreichische Behörden bereits am 12. Juli 2017 endgültig endete. Die Zuständigkeit Griechenlands für die inhaltliche Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz der Zweit- bis Sechstrevisionswerber stand somit zu diesem Zeitpunkt fest. Eine spätere Zustimmung der österreichischen Behörden zum Aufnahmegesuch könnte die Zuständigkeit Österreichs nicht mehr begründen, sodass für die Revisionswerber auch kein Feststellungsinteresse bestand.