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Vorspringer bei Skiflug-WM ist vollversicherungspflichtiger Beschäftigter

Ro 2019/08/0003 vom 3. April 2019

Der Revisionswerber, der schon mehrmals als Vorspringer beim Skifliegen tätig gewesen ist, hat an der vom 12. bis 17. Jänner 2016 dauernden Skiflug‑Weltmeisterschaft auf der Kulm‑Flugschanze als Vorspringer teilgenommen. Am 13. Jänner 2016 ist er im Zuge des Einfliegens der Flugschanze zu Sturz gekommen und hat eine nicht revidierbare Querschnittlähmung erlitten.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte die vom Bundesverwaltungsgericht verneinte Frage zu beantworten, ob der Revisionswerber bei der Veranstalterin der Skiflug‑Weltmeisterschaft in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt war und damit der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag.

Das zu erzielende Arbeitsergebnis bestand im vorliegenden Fall darin, für die vom 12. bis 17. Jänner 2016 dauernde Skiflug‑Weltmeisterschaft auf der Kulm‑Flugschanze am Kulmkogel in Bad Mitterndorf alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die an der Weltmeisterschaft teilnehmenden Wettkämpfer in einen die FIS-Regeln beachtenden Wettkampf treten können. Zur Erreichung dieses Ziels hat die Veranstalterin eine aus Infrastruktur (die einsatzbereite Flugschanze mit allen Zusatzeinrichtungen) und den beteiligten Personen gebildete betriebliche Organisation geschaffen, von der insbesondere in Anbetracht der einzuhaltenden Wettkampfregeln und der Anweisungen des Rennleiters und des Vorspringerchefs ein extremer personenbezogener Anpassungsdruck (Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, persönliches Erscheinungsbild, Sorgfalt, Teamfähigkeit, Einfügungsbereitschaft in vorgegebene Strukturen des Arbeitsablaufs) für den darin eingebundenen, zum Erreichen des Arbeitszieles (durch Einfliegen, Informationsbeschaffung, Bereitschaft während des Wettkampfes) beitragenden Revisionswerber ausging.

Die für die Tätigkeit eines Vorspringers beim Skifliegen erforderliche Qualifikation ist zwar hoch, jedoch ist nicht erkennbar, dass diese dem Revisionswerber in seiner umfassend determinierten Situation einen Spielraum für eine unternehmerische Gestaltung seiner Tätigkeiten eröffnet hätte, der für das Vorliegen eines freien (anstelle eines abhängigen) Dienstverhältnisses sprechen würde.

In der gebotenen Gesamtabwägung spricht die beschriebene Einbindung des Revisionswerbers in den Betrieb der Veranstalterin für das Vorliegen einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit. Daran können die weiteren Umstände der Ausübung der Beschäftigung ‑ das zeitbezogene Pauschalentgelt (in Form eines so genannten "Taschengeldes") als eher dafür und der punktuelle, einmalige Arbeitseinsatz in einer spezifischen Situation als eher dagegen sprechendes Nebenkriterium ‑ nichts ändern. Der Umstand, dass die Vorspringer ihre Tätigkeit mit Begeisterung ausgeübt haben und sie als Auszeichnung bzw. als seltene Gelegenheit empfanden, ihr sportliches Leistungsvermögen unter Beweis zu stellen, ist kein gegen das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit sprechendes Kriterium. Die Möglichkeit, die Durchführung eines Sprungs unmittelbar davor ablehnen zu können, schließt (entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes) nicht die persönliche Arbeitspflicht und damit die persönliche Abhängigkeit aus, sondern folgt angesichts der Gefahrenträchtigkeit der Tätigkeit aus dem erforderlichen Schutz der körperliche Unversehrtheit der Vorspringer.

Zusammenfassend überwiegen iSd § 4 Abs. 2 ASVG die Merkmale persönlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit. Die Tätigkeit ist auch entgeltlich: Den Feststellungen zu Folge hat der Revisionswerber von der Veranstalterin kostenlos Unterkunft, Verpflegung, einen Shuttle‑Dienst, einen anteiligen Reisekostenersatz sowie zur Abdeckung aller sonstigen Aufwendungen ein Taschengeld von € 100,- täglich (vom 12. bis 17. Jänner 2016 sohin insgesamt € 600,-) erhalten. Die Vorspringer unterschrieben im Hinblick auf den Erhalt des Taschengeldes ein vom Vorspringerchef vorgefertigtes Formular zur Abführung von Abgaben. Es handelt sich beim Taschengeld sohin um Entgelt iSd § 49 Abs. 1 ASVG.

Das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes war daher aufzuheben.

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Volltext der Entscheidung