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Einkommensteuer: Fiktiver einkommensteuerpflichtiger Zufluss von Bezügen an den GmbH-Geschäftsführer
Ra 2018/13/0074 vom 6. Juli 2020
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH hatte der GmbH Leistungen (Vermietung von Gegenständen) erbracht. Strittig war, ob das Entgelt für die Leistungen steuerlich auch dann beim Gesellschafter-Geschäftsführer als zugeflossen und damit als steuerpflichtige Einnahme zu werten ist, wenn die GmbH keine Zahlung an den Gesellschafter-Geschäftsführer geleistet hat.
Der VwGH kommt in seinem - einer Revision eines Gesellschafter-Geschäftsführers Folge gebenden - Erkenntnis zu folgendem Ergebnis: Bei Leistungsabrechnungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber seiner Kapitalgesellschaft sind für die Frage des Honorarzuflusses – abgesehen von der Zuleitung des Barbetrages – zwei mögliche zuflussbegründende Umstände zu unterscheiden, die beide für sich einen Zufluss beim Gesellschafter-Geschäftsführer bewirken und daher getrennt zu prüfen sind, wobei der frühere Zeitpunkt den Zufluss bewirkt.
Zum einen ist ein Zufluss in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem die Kapitalgesellschaft eine Gutschrift zu Gunsten ihres Geschäftsführers (etwa auf dem Verrechnungskonto oder dem Lieferantenkonto) vornimmt, wenn sichergestellt ist, dass der Geschäftsführer die Befugnis hat, die Auszahlung gutgeschriebener Beträge zu verfügen oder selbst durchzuführen (etwa weil er eine Zeichnungsberechtigung oder eine Bankvollmacht für ein Bankkonto der Gesellschaft hat).
Zum anderen ist ein Zufluss bereits im Fälligkeitszeitpunkt der Entgeltsforderung des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen (also auch ohne Gutschrift), wenn dieser Gläubiger (unmittelbar oder mittelbar) Mehrheitsgesellschafter der Kapitalgesellschaft ist. Entscheidend für die Annahme eines Zuflusses bereits mit Fälligkeit ist das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses des Gesellschafter-Geschäftsführers auf die schuldnerische Gesellschaft über deren Gesellschafterversammlung. Der Mehrheitsgesellschafter, der auch Gläubiger der Gesellschaft ist, hätte es ohne diese Zuflussfiktion in der Hand, den Gewinn der Gesellschaft zu kürzen, ohne die entsprechenden Beträge selbst versteuern zu müssen. Bei Fehlen einer eigenen Mehrheitsbeteiligung kann sich ein beherrschender Einfluss eines Gesellschafters und Gläubigers auch aus einem Naheverhältnis zu anderen Anteilsinhabern ergeben, wenn sich daraus insgesamt ein entsprechendes Stimmgewicht in der Gesellschafterversammlung ergibt.
Beide Formen des fiktiven Zuflusses haben im Übrigen zur Voraussetzung, dass die Kapitalgesellschaft nicht zahlungsunfähig ist.