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Umsatzsteuer: Vorsteuerproblematik bei Errichtung von Bankgebäuden durch Konzerngesellschaften
Ra 2018/15/0113 vom 15. Mai 2020
Die Tochtergesellschaft und die Enkelgesellschaft einer Bank-AG waren im Leasinggeschäft tätig. Die Bank-AG räumte an ihrem Grundstück ihrer Enkelgesellschaft (GmbH) ein Baurecht ein und ließ sie als Baurechtsberechtigte ein Bankgebäude errichten. Sodann mietete die Bank-AG das Bankgebäude von der Enkelgesellschaft (Leasingvertrag).
Umsatzsteuerliche bildeten Tochter- und Enkelgesellschaft eine Einheit, eine so genannte Organschaft mit der Tochtergesellschaft als Organträgerin. Im Hinblick auf die umsatzsteuerpflichtige Vermietung des Gebäudes durch diese Einheit an die Bank-AG machte die Tochtergesellschaft als Organträgerin den Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten geltend. Der Revisionsfall betrifft die umsatzsteuerliche Rechtslage vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012.
Strittig wurde, ob der Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten des Bankgebäudes zusteht.
Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Einerseits ging es davon aus, dass die Gestaltung einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten iSd § 22 BAO darstelle. Den Banken räumt nämlich das UStG keinen Vorsteuerabzug ein, soweit sie ein Gebäude für das Bankgeschäft verwenden. Die gewählte Leasingkonstruktion diene daher der Steuerersparnis. Zudem ging das Finanzamt davon aus, dass auch die Bank-AG selbst Teil der Organschaft, also der umsatzsteuerlichen Einheit sei, sodass die Vermietung des Bankgebäudes nicht zu umsatzsteuerpflichtigen Vermietungsumsätzen führen könne und auch deshalb der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei.
Das Bundesfinanzgericht gab einer Beschwerde der Tochtergesellschaft Folge. Die Bank-AG sei nicht Teil der umsatzsteuerlichen Organschaft. Es liege auch kein Missbrauch im Sinne des § 22 BAO; im Wege der Errichtung des Gebäudes durch eine Konzerngesellschaft und dessen umsatzsteuerpflichtige Vermietung an die Bank-AG komme es nämlich ebenfalls zur Entrichtung der Umsatzsteuer, aber eben gestaffelt (aufgeteilt auf mehrere Jahre).
Das Finanzamt brachte Revision ein.
Der VwGH hob die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts auf. Insbesondere konnte der VwGH dem Bundesfinanzgerichts nicht in der Einschätzung folgen, dass im Revisionsfall ein bloßer "Steueraufschub durch Staffelung der Mehrwertsteuerentrichtung" vorliege, der nach dem Urteil des EuGH vom 22. Oktober 2010, C-103/09, Weald Leasing, keine missbräuchliche Praxis begründe. In jener Rechtssache sprach der EuGH aus, es sei nicht zu beanstanden, dass sich ein vom Vorsteuerabzug ausgeschlossener Steuerpflichtiger für einen Leasingumsatz entscheide, welcher ihm einen Steuervorteil verschaffe, der (bloß) in einer gestaffelten Entrichtung seiner Steuerschuld bestehe, anstatt für einen Erwerbsumsatz, der ihm nicht zu einem solchen Steuervorteil verhelfe. Im Revisionsfall geht es aber um Immobilienleasing und der im österreichischem Recht damit verbundenen Möglichkeit der sanktionslosen "Rückoption" zur nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 unecht steuerfreien Vermietung, was nach den Berechnungen des Finanzamtes zu einer möglichen Steuerersparnis in Höhe von rund 850.000 € führen könnte. Die vom Bundesfinanzgericht als "ausreichend gewichtige außersteuerliche Gründe für die Gestaltungen" anerkannten Umstände ließen die Beauftragung einer nahezu 100%igen Enkelgesellschaft, die selbst über keine Arbeitskräfte verfüge, mit Bauvorhaben der Großmuttergesellschaft entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichts zudem nicht ohne weiters als objektiv nachvollziehbar erkennen.
Das Bundesfinanzgericht habe außerdem anhand der Leistungsbeziehungen zwischen der Bank-AG und ihrer Tochter- und Enkelgesellschaft zu prüfen, ob eine wirtschaftliche Eingliederung gegeben sei und damit letztlich eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen diesen drei Gesellschaften bestehe.