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VwGH zur Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG nach einer Selbstanzeige
Ra 2019/16/0205 vom 30. Jänner 2020
Nach einer Selbstanzeige, die für zwei natürliche Personen und eine GmbH betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen der GmbH erstattet worden war, schrieb das Finanzamt der GmbH eine Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG vor. Das Bundesfinanzgericht bestätigte die Vorschreibung der Abgabenerhöhung. Dagegen wendet sich die Revision.
In diesem Fall hatte die Prüferin des Finanzamtes am 24. Jänner 2019 mit dem Sekretariat des als Vertreter der GmbH fungierenden Steuerberaters telefoniert und unmittelbar danach ein Mail mit dem Ersuchen um Kontaktaufnahme zur Terminvereinbarung betreffend eine Umsatzsteuersonderprüfung für 1 bis 11/2018 bei der GmbH an diejenige Mitarbeiterin des Steuerberaters gesandt, die als Sachbearbeiter für die steuerlichen Agenden der GmbH zuständig war. Diese zuständige Mitarbeiterin konnte wegen Ortsabwesenheit das Mail erst am 30. Jänner 2019 empfangen. Am 8. Februar 2019 telefonierte die Prüferin mit dieser für die GmbH zuständigen Mitarbeiterin der GmbH und verständige sie von der Prüfung.
Am 12. Februar 2019 wurde mittels Fax Selbstanzeige für die GmbH und zwei natürliche Personen erstattet.
Das Bundesfinanzgericht ging in der abweisenden Beschwerdeentscheidung davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG erfüllt sind. Die telefonische Anmeldung am 8. Februar 2019 habe bewirkt, dass die Selbstanzeige anlässlich einer Prüfungsmaßnahme, aber erst nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet worden sei.
In der außerordentlichen Revision vertritt die GmbH die Ansicht, dass telefonische Mitteilungen und Mitteilungen per E-Mail nicht als Anmeldung oder Bekanntgabe der Prüfung anzusehen seien und daher die Voraussetzungen einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG nicht vorlägen.
Der VwGH ließ die Revision zu, wies sie aber als unbegründet ab:
Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, dass eine Abgabenerhöhung entrichtet wird.
Der Begriff der Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe in § 29 Abs. 6 FinStrG ist ein eigener Begriff des Finanzstrafgesetzes und nach dem Gesetzeszweck auszulegen. Bei der Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe iSd § 29 Abs. 6 FinStrG handelt es sich nicht um eine Erledigung im Sinn des § 92 BAO mit den Wirksamkeitsvorschriften des § 97 BAO, sondern um tatsächliche Vorgänge, auf Grund derer der Selbstanzeiger oder die Person, für die Selbstanzeige erstattet wird, in Kenntnis und bei Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung rechnen müsste. Mithin kommt es dabei darauf an, dass diese Person Kenntnis von einer bevorstehenden, in § 29 Abs. 6 FinStrG genannten Maßnahme haben muss, welche einen Anlass zur Selbstanzeige bietet. Entscheidend ist, ob der Selbstanzeiger oder die Person, für die Selbstanzeige erstattet wird, oder ein Vertreter einer dieser Personen auf Grund einer als "Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe" bezeichenbaren Tätigkeit der Behörde - ohne dass es auf die Kriterien des § 97 BAO für die Wirksamkeit einer Erledigung ankäme - tatsächlich Kenntnis davon erlangt hat, dass eine in § 29 Abs. 6 FinStrG erwähnte Maßnahme stattfinden werde, und daher mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Tatentdeckung gerechnet werden muss.
Da die Vertreterin der GmbH jedenfalls nach dem Telefonat vom 8. Februar 2019 die entsprechende Kenntnis hatte und daher die Außenprüfung im Sinn des § 29 Abs. 6 FinStrG angemeldet oder sonst bekanntgegeben war, erweist sich die Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG als zu Recht festgesetzt.