Der Gebrauch von Cookies erlaubt uns Ihre Erfahrung auf dieser Website zu optimieren. Wir verwenden Cookies zu Statistikzwecken und zur Qualitätssicherung. Durch Fortfahren auf unserer Website stimmen Sie dieser Verwendung zu.

Weitere Informationen

Image-Film abspielen

Information
Sämtliche Entscheidungen ab 1990 sind durchgehend im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erfasst. Ältere unveröffentlichte Entscheidungen können gegen Ersatz der Kopierkosten im Servicecenter bestellt werden.

§ 1 Abs. 3 ORF-G: Können Sendungstitel gegen das Objektivitätsgebot des ORF verstoßen?

Ra 2020/03/0009-0010 vom 5. Februar 2020

Ein Zuckerproduzent beschwerte sich im April 2017 gegen die Ausstrahlung eines Themenschwerpunkts des ORF mit dem Titel "Bewusst gesund: Zucker - das süße Gift" bei der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) mit der Begründung, der ORF habe u.a. gegen das Objektivitätsgebot verstoßen.

Die KommAustria gab der Beschwerde in Bezug auf eine dieser Sendungen statt und stellte eine Verletzung des Objektivitätsgebots durch den ORF fest. Soweit sich die Beschwerde allerdings gegen den Titel des Themenschwerpunkts "Bewusst gesund: Zucker - das süße Gift" sowie gegen die einzelnen Titel der Sendungen unter diesem Schwerpunkt wendet (z.B.: "Am Schauplatz - die süße Sucht"), wies die KommAustria und in weiterer Folge das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab.

Nach einer dagegen erhobenen Revision hatte sich der VwGH mit der Frage auseinandergesetzt, ob Sendungstitel unabhängig vom Sendungsinhalt einer abgesonderten bzw. isolierten Bekämpfung zugänglich sind und auch außerhalb einer Gesamtbetrachtung der unter diesen Titeln gesendeten Sendungen auf ihre Konformität mit dem ORF‑G zu prüfen sind.

Dazu verwies der VwGH zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach sich die Sachlichkeit (Objektivität) einer Sendung sich grundsätzlich nach ihrem Thema bemisst. Bei der Beurteilung der Sachlichkeit muss im Sinne einer gebotenen Gesamtbetrachtung stets der Gesamtzusammenhang in Betracht gezogen werden, der das Thema der Sendung bestimmt. Dieser Gesamtkontext und der für die Durchschnittsbetrachter daraus zu gewinnende Gesamteindruck dienen als Grundlage zur Überprüfung der Objektivität. Einzelne Formulierungen können daher aus dem Gesamtzusammenhang gerechtfertigt werden. Unzulässig sind jedenfalls polemische oder unangemessene Aussagen oder Formulierungen, etwa solche, die eine sachliche Auseinandersetzung vermissen lassen oder aufgrund derer beim Durchschnittsbetrachter unweigerlich ein verzerrter Eindruck entsteht.

Weil somit zur Überprüfung der Objektivität eine Gesamtbetrachtung durchzuführen ist, können - wie bereits die Vorinstanzen richtig erkannt haben - Titel alleine nicht zur Prüfung der Verletzung des Objektivitätsgebots herangezogen werden.

Sofern die Revision die Titel als polemisch und damit jedenfalls unzulässig bezeichnet und darauf verweist, dass Zucker kein Gift iSd Chemikaliengesetzes 1996 sei, wird ihr entgegnet, dass diese (plakativ) gewählten Titel nicht den Eindruck erwecken, dass Zucker mit giftigen Substanzen nach dem Chemikaliengesetz 1996 gleichgesetzt werde, sondern, dass damit die unterschätzten Gesundheitsrisiken übermäßigen Zuckerkonsums angesprochen werden sollen. Dass der ORF dabei den ihm zukommenden gesetzlichen Gestaltungsspielraum überschritten hätte, zeigt die Revision nicht auf.

Die Revision wurde zurückgewiesen.

Download: Volltext der Entscheidung