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Sicherstellung und Mitnahme von Lautsprecherkabel als gelinderes Mittel gegenüber einer Festnahme wegen Lärmerregung
Ra 2020/03/0075 vom 2. Oktober 2020
Im vorliegenden Fall fuhren Beamte der LPD Kärnten in der Nacht aufgrund einer Anzeige wegen Lärmerregung zum Haus des Angezeigten, der über eine Lautsprecheranlage zu laute Musik gespielt hatte. Über Aufforderung der Beamten reduzierte er zwar zunächst die Lautstärke der Musik, erhöhte sie aber wenig später wieder deutlich. Daraufhin stellten die aufgrund einer erneuten Anzeige wegen Lärmerregung neuerlich einschreitenden Beamten die Stromkabel der Lautsprecheranlage sicher und nahmen sie mit.
Der Angezeigte erhob u.a. gegen die Sicherstellung und Mitnahme der Lautsprecherkabel eine Maßnahmenbeschwerde, welcher das LVwG Kärnten stattgab. Für die Mitnahme der Kabel als gelinderes Mittel gegenüber einer allenfalls zulässigen Festnahme nach § 35 VStG habe nach Auffassung des LVwG keine Rechtsgrundlage bestanden.
Der VwGH hat der gegen diese Entscheidung von der LPD Kärnten erhobenen Amtsrevision stattgegeben.
Entgegen der Auffassung des LVwG hat für die Sicherstellung und Mitnahme der Lautsprecherkabel als gelinderes Mittel gegenüber einer Festnahme eine Rechtsgrundlage bestanden. Eine Festnahme nach § 35 VStG zur Abstellung der unzulässigen Lärmerregung hätte - als Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der persönlichen Freiheit - nämlich nur als äußerstes Mittel (ultima ratio) erfolgen dürfen, wenn andere gelindere Mittel nicht zum Ziel geführt hätten.
Die einschreitenden Beamten waren daher zur Anwendung gelinderer Mittel verpflichtet, wenn mit diesen der jeweils verfolgte Zweck der Festnahme (hier: Verhinderung bzw. Fortsetzung der strafbaren Handlung) erfüllt werden konnte.
Da die Sicherstellung und Mitnahme der Kabel geeignet war, den Angezeigten an der Fortsetzung der Verwaltungsübertretung (Lärmerregung) zu hindern, war diese Maßnahme zulässig.
Der VwGH hob deshalb die angefochtene Entscheidung auf.