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Festnahme im Zusammenhang mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz

Ra 2020/03/0106 vom 23. November 2020

Der der Entscheidung zugrundeliegende Fall ereignete sich in Zell am See im April 2020, das zu diesem Zeitpunkt unter Quarantäne stand. Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See (BH Zell am See) ersuchte die Polizei, die Einhaltung der Lokalschließungen nach den damals geltenden Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes und der dazu ergangenen COVID‑19‑Maßnahmenverordnung (COVID-19-Bestimmungen) zu kontrollieren.

Im Zuge einer solchen Kontrolle wurde von der Polizei eine Bar überprüft, in welcher drei Personen angetroffen wurden. Die Polizei ging davon aus, dass das Lokal geöffnet sei und somit ein Verstoß gegen die COVID-19-Bestimmungen vorliege. Weil er sich weigerte, seine Identität bekannt zu geben, wurde einer der Anwesenden (wie sich später herausstellte der Inhaber der Bar) nach kurzen Handgreiflichkeiten festgenommen.

Der Barbesitzer erhob gegen die Festnahme eine Maßnahmenbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht), welches der Beschwerde stattgab und aussprach, dass der Barbesitzer zu Unrecht festgenommen worden sei. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts sehe das COVID‑19‑Maßnahmengesetz (in der damals anzuwendenden Fassung) die Mitwirkung der öffentlichen Sicherheitsdienste (Polizei) nur auf Ersuchen der zuständigen Behörde (hier: BH Zell am See) vor. Zwar habe die BH Zell am See die Polizei um die allgemeine Kontrolle von Betriebsschließungen ersucht, jedoch nicht konkret um die Kontrolle dieser Bar und um die Festnahme des Barbesitzers. Weil somit für die Festnahme keine gesetzliche Grundlage bestanden habe, sei die Polizei nicht ermächtigt gewesen, den Barbesitzer festzunehmen.

Die BH Zell am See erhob dagegen Revision.

Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob für die Festnahme eine gesetzliche Grundlage vorlag.

Dazu führte er aus, dass § 35 VStG die Polizei ermächtigt, eine Person die auf frischer Tat bei einer Verwaltungsübertretung betreten wird, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festzunehmen, wenn die betretene Person der Polizei unbekannt ist, sich nicht ausweist und ihre Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist.

Ein solches Betreten auf "frischer Tat" setzt voraus, dass eine Person eine Verwaltungsübertretung begeht und bei der Begehung dieser Tat von der Polizei betreten wird. Dabei reicht es, wenn die Polizei dabei mit gutem Grund (vertretbar) annehmen darf, dass die Person eine Verwaltungsübertretung verübt. Diese Voraussetzungen wurden durch die COVID-19-Bestimmungen nicht verändert.

Im vorliegenden Fall konnte die Polizei mit gutem Grund davon ausgehen, dass der Barbesitzer gegen die COVID-19-Bestimmungen verstoßen habe. Er wurde dabei auch auf frischer Tat betreten. Der Barbesitzer war der Polizei nicht bekannt, er weigerte sich, sich auszuweisen und die Identität war auch nicht sofort - auf andere Weise - feststellbar. Die Polizisten waren daher (bereits) aufgrund § 35 VStG ermächtigt, den Barbesitzer festzunehmen.

Weil das Verwaltungsgericht somit zu Unrecht davon ausging, dass keine gesetzliche Grundlage für die Festnahme vorlag, hob der VwGH die angefochtene Entscheidung auf.

Download: Volltext der Entscheidung