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VwGH zum Arbeitsmarktzugang von Asylwerbern
Ro 2019/09/0011 vom 28. April 2020
Ein Elektrotechnikbetrieb beantragte im Februar 2019 beim Arbeitsmarktservice (AMS) eine Beschäftigungsbewilligung für einen afghanischen Lehrlingswerber. Der im März 2017 gestellte Asylantrag des Lehrlingswerbers wurde im August 2018 abgewiesen, über die Beschwerde wurde noch nicht entschieden. Das AMS verneinte die Voraussetzungen für eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG und wies den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ab.
Das BVwG gab der dagegen erhobenen Beschwerde statt, bejahte die Voraussetzungen einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG und begründete dies im Wesentlichen mit Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) sowie einer zur Umsetzung der Richtlinie ergangenen Stellungnahme der Republik Österreich.
Das AMS erhob dagegen Revision.
Der VwGH setzt sich hier mit dem Arbeitsmarktzugang von Asylwerbern auseinander. Dazu führt er aus, dass unter einem "effektiven" Arbeitsmarktzugang iSd. Art. 15 Aufnahmerichtlinie zu verstehen ist, dass der Asylwerber einen tatsächlichen und wirksamen Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, der nicht in unangemessener Weise beschränkt ist. Ein unbeschränktes Offenstehen sämtlicher Berufsfelder kann daraus aber nicht abgeleitet werden.
Die Verpflichtung zur Einräumung des Arbeitsmarktzugangs gilt dabei nur bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über den Asylantrag. Ein bereits vor der erstinstanzlichen Entscheidung über den Asylantrag zuerkannter Arbeitsmarktzugang ist während des Rechtsmittelverfahrens über den Asylantrag geschützt.
In seinem Gesamtzusammenhang ist daher Art. 15 Aufnahmerichtlinie so auszulegen, dass ein Asylwerber nach einer Wartefrist von drei Monaten nach Zulassung seines Asylverfahrens dem Arbeitsmarkt (während des laufenden - behördlichen - Asylverfahrens) zugeführt werden kann. Eine weitergehende Anwendung auf jene Fälle, bei denen bereits vor Antrag auf Arbeitsmarktzugang eine ablehnende Entscheidung über den Asylantrag vorliegt (etwa eine Antragstellung während eines laufenden Rechtsmittelverfahrens), findet in der Aufnahmerichtlinie jedoch keine Deckung.
Im vorliegenden Fall lag bereits eine negative Entscheidung über den Asylantrag des Lehrlingswerbers vor, bevor der Elektrotechnikbetrieb einen Antrag auf eine Beschäftigungsbewilligung stellte, weshalb der VwGH die angefochtene Entscheidung aufhob.