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Einkommensteuer, Immobilienertragsteuer: Zur Selbständigkeit eines Wirtschaftsgutes im Rahmen eines Liegenschaftsverkaufes
Ro 2019/13/0033 vom 13. November 2019
In diesem Fall hatte eine Steuerpflichtige im Jahr 1989 gemeinsam mit ihrem im Jahr 2003 verstorbenen Ehemann je zur Hälfte eine unbebaute Liegenschaft erworben, die in der Folge bebaut wurde. Aufgrund der Einantwortung nach dem Tod ihres Ehemannes hat sie ein weiteres Sechstel der Liegenschaft erworben. Im Jahr 2016 veräußerte die Steuerpflichtige ihren Anteil an der Liegenschaft samt Wohnhaus, Garage und Freischwimmbad. Nicht vertragsgegenständlich war das Inventar, alle fixen Einbauten sind jedoch im Haus verblieben.
Das Bundesfinanzgericht ging in Bezug auf die Einkommensteuer 2016 davon aus, die Steuerpflichtige habe das Gebäude als Hälfteeigentümerin errichtet, weshalb ihr die Herstellerbefreiung anteilig zustehe. Für den im Jahr 2003 im Erbweg erworbenen Anteil stehe ihr diese Begünstigung jedoch nicht zu. Für diesen (im Erbwege erworbenen) Anteil sei nicht nur der Grund und Boden sondern auch das Gebäude in die Besteuerung einzubeziehen, nicht aber als Zubehör und die Außenanlagen. Bei der privaten Grundstücksveräußerung werde nämlich generell nur der Boden samt Gebäude besteuert (gegebenenfalls auch ein "grundstücksgleiches Recht"), sodass der auf Außenanlagen und Einbauten entfallende Teil des Kaufpreises sei nicht steuerbar sei.
Gegen diese Entscheidung erhob das Finanzamt Revision.
Der VwGH führte hierzu aus, gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Absicht des Gesetzgebers zufolge sollen nur Grund und Boden samt Gebäude (und grundstücksgleiche Rechte) der Besteuerung nach § 30 EStG 1988 unterliegen. Dinge, die steuerlich als selbständige Wirtschaftsgüter anzusehen sind, fallen hingegen nicht in den Anwendungsbereich des § 30 EStG 1988, auch wenn sie zivilrechtlich als Zugehör von Grund und Boden zu beurteilen sind. Wirtschaftsgüter sind alle im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbaren Güter jeder Art. Ob ein Wirtschaftsgut vorliegt, ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und nicht nach zivilrechtlichen Merkmalen zu beurteilen. So ist die zivilrechtliche Selbständigkeit des Gutes nicht entscheidend für die Wirtschaftsguteigenschaft, allerdings wird ihr Indizwirkung zukommen. Entscheidend ist die wirtschaftlich zu beurteilende Selbständigkeit.
Was ein eigenständiges Wirtschaftsgut und was Teil eines Wirtschaftsgutes ist, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung. Ein wirtschaftlicher und funktioneller Zusammenhang zwischen Wirtschaftsgütern bzw. Teilen von solchen spricht nach der Verkehrsauffassung bisweilen für ein einheitliches Wirtschaftsgut. Dies ist aber nicht immer der Fall. Ausschlaggebend ist im Zweifel, ob dem einzelnen Teil bei einer allfälligen Veräußerung eine besonders ins Gewicht fallende Selbständigkeit zugebilligt würde. Gebäudeeinbauten, die typische Gebäudeteile sind (zB Sanitärinstallationen), rechnen auch dann zum Gebäude, wenn sie nur lose mit diesem verbunden sind.
Mangels konkreter Darlegungen des Bundesfinanzgerichtes betreffend die Einbauten und Außenanlagen kann vom VwGH nicht abschließend beurteilt werden, ob den betreffenden Gegenständen jeweils eine besonders ins Gewicht fallende Selbständigkeit zuzubilligen wäre.
Aus diesem Grund hob der VwGH die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.