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Für eine Siedlung kommt es nicht darauf an, dass Wohnhäuser bewohnt werden
Ra 2020/10/0026 vom 30. September 2020
Im vorliegenden Fall beantragte ein Mann bei der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt (BH Völkermarkt) die nachträgliche naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung von Zu- und Umbauten an seinem Wohnhaus sowie für die Errichtung eines Carports und einer Stützmauer.
Die BH Völkermarkt ging ua. davon aus, dass das Haus des Mannes in der "freien Landschaft" iSd § 5 Kärntner Naturschutzgesetz 2002 (K-NSG 2002) liege, versagte die beantragte Bewilligung und ordnete an, den ursprünglichen (rechtmäßigen) Zustand wiederherzustellen.
Der Mann erhob dagegen Beschwerde.
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) gab der Beschwerde Folge und hob den Bescheid ersatzlos auf. Das Gericht ging dabei davon aus, dass das Wohnhaus des Mannes (sowie ein weiteres Anwesen) in Hanglage in einer Streusiedlungslage liege. Entlang der Zufahrtsstraße befänden sich mehrere Wohnobjekte in einer Entfernung von ca. 100 Metern zum Haus des Mannes. Die nächstgelegenen zwei Wohnobjekte befänden sich in einer Entfernung von ca. 30 bis 40 Metern, wobei nur eines dieser zwei Häuser (zeitweise) bewohnt werde. Das Wohnhaus liege aus Sicht des Gerichtes somit in einer "geschlossenen Siedlung" und nicht in der "freien Landschaft".
Die BH Völkermarkt erhob gegen diese Entscheidung Revision.
Der VwGH setzte sich mit der von der BH Völkermarkt aufgeworfenen Frage auseinander, ob es für das Vorliegen einer "geschlossenen Siedlung" iSd K‑NSG 2002 darauf ankomme, dass Wohngebäude auch bewohnt werden bzw. darauf, ob diese bewohnbar sind.
Dazu führte er unter Verweis auf bisherige Rechtsprechung zum K‑NSG 1986 aus, dass unter der "freien Landschaft" der Bereich außerhalb von "geschlossenen Siedlungen" und von zum Siedlungsbereich gehörigen besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten, zu verstehen ist. Nach den Materialien gelte als "Siedlung" eine Ansammlung von Gebäuden, wobei als Untergrenze mindestens drei Wohnobjekte vorhanden sein müssten.
Unter einem "Wohnobjekt" ist ein Gebäude zu verstehen, das Wohnzwecken dienen soll. Ob das Gebäude zurzeit bewohnt wird oder ob es sich in einem bewohnbaren Zustand befindet, ist dabei unbeachtlich.
Für eine "geschlossene Siedlung" kommt es auf den optischen Zusammenhang zwischen den Gebäuden und den dazugehörigen besonders gestalteten Flächen und deren sichtbare Abhebung vom übrigen nicht bebauten Gebiet an.
Für den VwGH ist nicht ersichtlich, warum ein solcher optischer Zusammenhang nicht (mehr) gegeben sein sollte, wenn ein Wohngebäude nicht bewohnt wird bzw. sich dieses nicht in einem bewohnbaren Zustand befindet.
Das Verwaltungsgericht bejahte somit zu Recht, dass das Wohngebäude des Mannes in einer geschlossenen Siedlung liegt.
Die BH Völkermarkt war daher für den Antrag des Mannes nicht zuständig, hätte aber dennoch über diesen - in Form einer Zurückweisung - absprechen müssen. Weil das Verwaltungsgericht den Bescheid jedoch ersatzlos aufhob und der Antrag des Mannes somit offen blieb, hob der VwGH die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt auf und wies die Revision im Übrigen ab.