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Besondere Überwachung eines Fußballspiels: Verantwortung für das Verhalten der "Fans"?
Ra 2021/01/0049 vom 15. März 2021
Im vorliegenden Fall ordnete die Bezirkshauptmannschaft Amstetten aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit "Fans" eines Fußballvereins die besondere Überwachung eines Fußballspiels gemäß § 48a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) an, an dem dieser Verein als Gastverein teilnahm. Die Überwachung sollten bis zu 40 Polizistinnen und Polizisten samt Diensthundeführerinnen und Diensthundeführer übernehmen.
Eine vom Fußballverein gegen die angeordnete Überwachung erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (VwG) abgewiesen. Das VwG ging davon aus, dass das Gefährdungspotenzial nahezu ausschließlich den "Fans" dieses Fußballvereins zuzurechnen sei. Die Überwachung sei erforderlich gewesen und auch durch das "Verschulden" des Fußballvereins hervorgerufen worden.
Der Fußballverein erhob Revision, in der er die Frage aufwarf, inwiefern einem Fußballverein ein allfälliges rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten seiner "Fans" zuzurechnen sei. Für eine solche Zurechnung fehle eine gesetzliche Grundlage.
Der VwGH befasste sich mit der Frage, ob und nach welchen Kriterien das Verschulden bei der Vorschreibung der Kosten einer besonderen Überwachung (§ 5b Abs. 3 zweiter Fall SPG) bereits im Rahmen der Anordnung einer besonderen Überwachung (§ 48a SPG) zu berücksichtigen ist bzw. in welchem Verhältnis diese Bestimmungen zueinanderstehen.
Dazu hielt er zunächst fest, dass eine besondere Überwachung eines Vorhabens (etwa eines Fußballspiels) gemäß § 48a SPG nur dann angeordnet werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine besondere Überwachung (§ 27a SPG) und für die Einhebung von Überwachungsgebühren (§ 5a SPG) vorliegen. Dabei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die aufgrund bisheriger Erfahrungen (ex ante) zu treffen ist, auf ein allfälliges Verschulden kommt es jedoch nicht an. Dabei kann auch auf Grund eines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens von "Fans" eines Gastvereins auf die Notwendigkeit einer besonderen Überwachung geschlossen werden.
Gemäß § 5b SPG sind die Überwachungskosten von demjenigen zu tragen, der ein - durch Anordnung überwachtes - Vorhaben durchführt. Wurde die Überwachung durch das Verschulden einer anderen Person verursacht, so sind die Überwachungskosten von dieser zu tragen.
Die Vorschreibung dieser Überwachungsgebühren (§ 5b SPG) ist rechtlich von der Anordnung der Überwachung (§ 48a SPG) zu unterscheiden. (Erst) Im Verfahren über die Vorschreibung von Überwachungsgebühren ist ein etwaiges Verschulden zu prüfen (nach dem Verschuldensbegriff des ABGB). Die Rechtmäßigkeit einer rechtskräftigen Anordnung zur Überwachung nach § 48a SPG kann in einem Verfahren über die Kostenvorschreibung nicht mehr aufgegriffen werden. Dem Gastverein, der für eine Entrichtung der Überwachungsgebühren in Betracht kommt, kann aber die Anordnung der Überwachung zugestellt werden, um ihm bereits in diesem Stadium die Möglichkeit zu geben, sich gegen die Anordnung der Überwachung, insbesondere gegen die vorgeschriebene Anzahl der einzusetzenden Sicherheitsorgane, zu wenden.
Im vorliegenden Fall waren die Ausführungen des VwG unbeachtlich, weil dieses bei der Anordnung der Überwachung nicht zu prüfen ist. Die Gefährdungsprognose selbst war hingegen ausreichend begründet, weshalb die Abweisung des VwG somit zu Recht erfolgte.
Der VwGH wies die Revision ab.