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COVID-19-VwBG: Hemmung des Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist
Ra 2021/06/0030 vom 22. April 2021
Im vorliegenden Fall errichtete ein Bauunternehmer in der Zeit vom 15. April 2019 bis 17. April 2019 auf einem Grundstück in Graz drei Werbeanlagen.
Der Bürgermeister der Stadt Graz ging davon aus, dass für diese Werbeanlagen keine baubehördliche Genehmigung vorgelegen sei und forderte den Bauunternehmer mit einem Schreiben vom 8. Mai 2020, welches ihm 13. Mai 2020 zugestellt wurde, zunächst zur Rechtfertigung auf.
In weiterer Folge wurde über den Bauunternehmer mit Straferkenntnis des Bürgermeisters vom 16. Juni 2020 eine Strafe verhängt.
Der dagegen vom Bauunternehmer erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) statt und stellte das Strafverfahren ein. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts sei die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen, weshalb das Strafverfahren einzustellen gewesen sei.
Der Bürgermeister erhob dagegen Revision und brachte vor, dass das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG) eine Hemmung von Verjährungsfristen vorsehe und daher die Verfolgungsverjährung noch nicht abgelaufen sei.
Der VwGH schloss sich dieser Ansicht an und verwies zunächst auf § 31 Abs. 1 VStG wonach die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 COVID-19-VwBG wird in diese Verjährungsfrist die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 nicht eingerechnet. Die Frist wird daher gehemmt (eine Hemmung verhindert den Ablauf der - noch übrigen - Frist).
Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die nach § 31 Abs. 2 VStG einjährige Verfolgungsverjährungsfrist am 17. April 2019 zu laufen begonnen hatte und am 17. April 2020 geendet hätte. Aufgrund von § 2 Abs. 1 Z 3 COVID-19-VwBG war der Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 jedoch gehemmt. Mit 1. Mai 2020 begann die Frist wieder - im verbleibenden Ausmaß von 27 Tagen - zu laufen und endete schließlich am 6. Juni 2020.
Die am 13. Mai 2020 zugestellte Aufforderung zur Rechtfertigung (welche eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG darstellt) erfolgte daher rechtzeitig, weshalb das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einer eingetretenen Verfolgungsverjährung ausgegangen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hob die angefochtene Entscheidung auf.