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Ersatz des Verdienstentgangs nach § 32 EpiG: Zum Verhältnis von Verordnungen auf Grundlage von § 20 Abs. 1 und 4 EpiG und § 2 Z 2 COVID‑19‑MG

Ro 2021/03/0018 vom 16. November 2021

Im März 2020 verfügte die Bezirkshauptmannschaft (BH) Tamsweg per Verordnung (VO) nach § 20 Abs. 1 und 4 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) die Schließung aller Beherbungsbetriebe im Bezirk. Die Schließung war von 16. März 2020 bis 30. März 2020 in Kraft. Von dieser Schließung war auch der Gasthof der im vorliegenden Verfahren beteiligten Betreiberin betroffen.

Ebenfalls per VO verfügte Ende März 2020 der Landeshauptmann (LH) von Salzburg ein für Touristen und Touristinnen geltendes Betretungsverbot von Beherbergungsbetrieben, das von 28. März 2020 an galt. Der LH stützte dabei die VO auf § 2 Z 2 des mittlerweile ergangenen COVID‑19‑Maßnahmengesetzes (COVID‑19‑MG).

Die Betreiberin des Gasthofes stellte ihren Betrieb mit 16. März 2020 ein. Für die restliche Wintersaison sperrte sie nicht mehr auf. Ende April 2020 beantragte die Betreiberin bei der BH eine Entschädigung nach § 32 EpiG für den Verdienstentgang im Zeitraum von 16. März 2020 bis 31. März 2020.

Die BH erkannte der Betreiberin eine Entschädigung für die Zeit von 16. März 2020 bis inklusive 27. März 2020 zu. Ab 28. März 2020 habe jedoch nur noch die VO des LH gegolten, bei der es sich um keine Maßnahme nach § 20 Abs. 1 und 4 EpiG gehandelt und die die bisherige VO der BH ersetzt habe. Somit bestehe für diese Zeit kein Anspruch auf Entschädigung, so die BH.

Die Betreiberin erhob gegen die nicht zuerkannte Entschädigung (Zeitraum von 28. März 2020 bis 31. März 2020) Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht). Das Verwaltungsgericht erkannte der Betreiberin nunmehr eine Entschädigung für den Zeitraum von 28. März 2020 bis 30. März 2020 zu. Das Gericht ging davon aus, dass für den Zeitraum, in dem die VO der BH gemäß § 20 Abs. 1 und 4 EpiG in Geltung stand, ein Anspruch auf Entschädigung nach § 32 EpiG bestehe. Hinsichtlich der gleichzeitigen Geltung der VO der BH und der des LH im Zeitraum 28. März 2020 bis 30. März 2020 ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die VO des LH die der BH aufgrund des unterschiedlichen Regelungsgegenstands nicht ersetze, sondern ergänze. Im Ergebnis sprach es der Betreiberin volle Entschädigung nach der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung zu.

Dagegen wendete sich die BH mit einer Amtsrevision an den VwGH.

Der VwGH setzte sich mit dem Verhältnis der VO der BH nach § 20 Abs. 1 und 4 EpiG und jener des LH auf Grundlage des COVID‑19‑MG und den daraus ergebenden Auswirkungen auf eine Entschädigung nach § 32 EpiG auseinander.

Unstrittig ist, so der VwGH, dass die VO der BH nach § 20 Abs. 1 und 4 EpiG von 16. März 2020 bis inklusive 27. März 2020 einen Anspruch auf Ersatz nach § 32 EpiG begründete. Fraglich ist hingegen, ob der Anspruch auf Entschädigung nach dem Inkrafttreten der VO des LH ab 28. März 2020 weiterhin bestand.

Der VwGH klärte zunächst das Verhältnis der zwei VO zueinander und führte aus, dass die VO der BH (Betriebsschließungen von Beherbergungsbetrieben im Bezirk) und die des LH (Betretungsverbote von Beherbergungsbetrieben für Touristinnen und Touristen in ganz Salzburg) unterschiedliche Sachverhalte regeln und sich daher nicht widersprechen. Die VO des LH derogiert der VO der BH somit nicht, würde sie also im Ergebnis nicht ersetzen. Davon ging auch das Verwaltungsgericht zu Recht aus.

Dennoch hob der VwGH die Entscheidung auf. (Weitere) Voraussetzung für einen Ersatzanspruch nach § 32 EpiG ist nämlich, dass eine Betriebsschließung nach § 20 Abs. 1 und 4 EpiG kausal (daher die Ursache) für einen Verdienstentgang ist. Im vorliegenden Fall war nach dem Inkrafttreten der VO des LH die Maßnahme der BH nach § 20 Abs. 1 und 4 EpiG für den Verdienstentgang für ausgebliebene Touristen und Touristinnen nicht (mehr) kausal, weshalb für diesen kein Anspruch auf Ersatz nach § 32 EpiG bestand. Im Übrigen blieb die Maßnahme der BH aber für das Ausbleiben jener Gäste kausal, die nicht von der VO des LH umfasst waren (etwa berufliche Gäste oder Gäste aus dem Ort). Für das Ausbleiben dieser Gäste wäre ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstentgangs auch für den Zeitraum der gleichzeitigen Geltung der VO von 28. März 2020 bis 30. März 2020 denkbar.

Das Verwaltungsgericht hatte diese Unterscheidung bei der Berechnung des Verdienstentgangs jedoch nicht berücksichtigt, weshalb die angefochtene Entscheidung aufgehoben werden musste.


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