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Das Bundesverwaltungsgericht ist bei Tierversuchen im Hochschulwesen zuständig
Ro 2019/10/0019 vom 12. Oktober 2020
Die Medizinische Universität Wien beantragte die Genehmigung mehrerer Tierversuche nach dem Tierversuchsgesetz 2012 (TVG 2012). Mit Bescheid wies der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) einen Teil der Anträge ab. Die Universität erhob dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
Das BVwG verneinte jedoch seine Zuständigkeit und wies die Beschwerde zurück. Begründend führte das Gericht u.a. aus, dass die Zuständigkeit des BVwG daran anknüpfe, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (Art. 102 B‑VG) besorgt werde. Eine solche liege jedoch dann nicht vor, wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt werde, "ausnahmsweise" ein Bundesminister mit der Besorgung betraut werde. Im TVG 2012 seien explizite Zuständigkeiten der jeweiligen Landeshauptleute vorgesehen, weshalb es sich schon deshalb um keine Bundesverwaltung handeln könne. Somit seien die Landesverwaltungsgerichte zuständig.
Die Medizinische Universität erhob gegen diesen Beschluss Revision.
Der VwGH setzte sich hier mit der Frage auseinander, ob für Beschwerden in Angelegenheiten nach dem TVG 2012 eine Zuständigkeit des BVwG vorliegt.
Dazu verwies der Gerichtshof zunächst auf Art. 14 B‑VG, wonach Bundessache die Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiet des Schulwesens ist, sofern nicht anderes bestimmt ist. Darunter fallen auch Universitäten und Hochschulen.
Der Schutz von Tieren ("Tierschutz") war zunächst nicht als eigener Kompetenztatbestand in der Verfassung vorgesehen, es handelte sich hierbei um eine "Weder-noch-Kompetenz" bzw. um eine "Querschnittsmaterie". Der Bund durfte dann tierschutzrechtliche Regelungen erlassen, wenn sie mit seinen Kompetenzen, die sich aus Art. 10 Abs. 1 oder Art. 14 B-VG (Schulwesen) ergaben, in Zusammenhang standen ("Annexkompetenz").
Erst ab 2005 ist "Tierschutz" eigens in Art. 11 Abs. 1 Z 8 B-VG in der Kompetenzverteilung vorgesehen. Die (bisher) für den Bund bereits bestehenden Kompetenzen, welche sich aus Art. 10 Abs. 1 oder Art. 14 B-VG ergeben, bleiben dabei unverändert vorhanden.
Soweit Tierversuche im Sinne des TVG 2012 im Rahmen von Universitäten und Hochschulen stattfinden, gründen diese Regelungen daher - weiterhin - auf der (Annex)Kompetenz nach Art. 14 Abs. 1 B-VG (Schulwesen), für die der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung zuständig ist. Gemäß Art. 102 B-VG kann der Bund in dieser Angelegenheit auch eine unmittelbare Besorgung durch Bundesbehörden vorsehen.
Nach § 2 Z 8 TVG 2012 ist zuständige Behörde bei Tierversuchen "im Rahmen des Hochschulwesens" die oder der BMBWF, welche oder welcher auch nach § 45 Z 1 TVG 2012 mit der Vollziehung des TVG 2012 in Angelegenheiten ua. des Hochschulwesens des Bundes betraut ist.
Weil somit eine Angelegenheit in der Vollziehung des Bundes vorliegt, welche unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden kann und auch eine tatsächliche Betrauung einer Bundesbehörde (hier: BMBWF) mit der Vollziehung vorgesehen ist, war die Zuständigkeit des BVwG gegeben.
Das BVwG verneinte somit zu Unrecht seine Zuständigkeit, weshalb der VwGH die angefochtene Entscheidung aufhob.