Navigation
Inhalt
§ 7 Abs. 3 Z 3 Führerscheingesetz: Wenden in einem Autobahntunnel führt besonders gefährliche Verhältnisse herbei
Ra 2020/11/0221 vom 25. Jänner 2022
Im vorliegenden Fall wurde einem Fahrer von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH Bregenz) für sechs Monate der Führerschein entzogen, weil er in einem Autobahn-Tunnel sein Auto gewendet hatte und dabei ein entgegenkommender LKW abbremsen musste, während das Auto beschleunigte. Die Behörde ging dabei davon aus, dass durch das Wendemanöver besonders gefährliche Verhältnisse herbeigeführt worden seien, die eine längere Entziehung des Führerscheins gerechtfertigt habe.
Nachdem der Fahrer dagegen eine Beschwerde erhob, setzte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (Verwaltungsgericht) die Dauer des Führerscheinentzugs mit drei Monaten fest. In seiner Begründung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass keine besonders gefährlichen Verhältnisse vorgelegen seien, insbesondere ging das Gericht davon aus, dass es sich bei der Straße um keine Autobahn gehandelt habe, weil in dem Bereich eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h vorgesehen gewesen sei und Gegenverkehr bestanden habe.
Die BH Bregenz erhob dagegen eine Amtsrevision.
Der VwGH setzte sich mit der Frage der besonders gefährlichen Verhältnisse im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 3 Führerscheingesetz (FSG) auseinander.
Dazu hielt er zunächst fest, dass es für das Vorliegen von besonders gefährlichen Verhältnissen im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 3 FSG nicht nötig ist, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist. Es genügt vielmehr, dass der Verstoß gegen Verkehrsvorschriften unter Umständen erfolgte, die das Verhalten des Lenkers an sich geeignet erscheinen lassen, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen (etwa erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen vor Schulen oder Kindergärten oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen).
Für den VwGH war nicht nachvollziehbar, warum der betreffende Fahrbahnabschnitt nicht als Autobahn zu qualifizieren gewesen wäre. Das Bestehen einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h und die Tatsache, dass es sich um einen Gegenverkehrsbereich handelte, waren für eine solche Beurteilung irrelevant.
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hatte der Fahrer sein Auto in einem längeren Straßentunnel im Gegenverkehrsbereich mit zwei voneinander durch eine doppelte Sperrlinie getrennten Richtungsfahrbahnen gewendet. In Anbetracht dieser konkreten Umstände und den daraus resultierenden Verstößen gegen die StVO 1960, die der Vermeidung (solcher) gravierender Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit dienen, ist das Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse im Sinne von § 7 Abs. 3 Z 3 FSG für den VwGH nicht von der Hand zu weisen.
Darüber hinaus fällt ins Gewicht, dass im Tunnelbereich bei einem Verkehrsunfall besonders schwerwiegende Folgen (u.a. etwa eine Explosionsgefahr) zu befürchten sind. In der vorliegenden Situation, in der sich in dem Autobahntunnel aufgrund eines Verkehrsstaus mehrere Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe befanden, waren dieser Gefahr zudem zahlreiche Personen ausgesetzt. Überdies zählt schon grundsätzlich zur Verkehrssicherheit, dass sich auf den Fahrstreifen der Autobahnen nach Möglichkeit keine Hindernisse in Form von (anhaltenden, wendenden oder) erst anfahrenden Fahrzeugen befinden.
Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf.