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Salzburger Nationalparkgesetz 2014: Mit der Möglichkeit zum "Vorbehalt späterer Vorschreibungen" kann die eigentliche Prüfung eines Vorhabens nicht ersetzt werden

Ra 2021/10/0005 vom 29. September 2022

Im vorliegenden Fall beantragte ein Verein eine nationalparkrechtliche Ausnahmebewilligung nach dem Salzburger Nationalparkgesetz 2014 für die Durchführung von Helikopterflügen in der Kern- und Außenzone des Nationalparks Hohe Tauern. Jeweils an einem Tag im Frühjahr sollen bis zu 17 Flüge (Rotationen) zu einer Hütte, dem dazugehörigen Wasserkraftwerk und der Talstation der Materialseilbahn zu Transportzwecken durchgeführt werden. Mit Bescheid vom Juni 2020 erteilte die Salzburger Landesregierung die beantragte Ausnahmebewilligung unter Auflagen für die Jahre 2021 bis 2027.

Darüber hinaus sprach die Behörde einen "Vorbehalt späterer Vorschreibungen" gemäß § 14 Abs. 2 Salzburger Nationalparkgesetz 2014 aus. Die Behörde hielt dazu fest, dass eine endgültige Beurteilung einzelner Auswirkungen des Vorhabens für den bewilligten Zeitraum nicht möglich sei, weshalb das Vorhaben unter dem "Vorbehalt späterer Vorschreibungen" erteilt werde.

Die Landesumweltanwaltschaft Salzburg erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg. Sie wies insbesondere darauf hin, dass bei einer derartigen Prüfung die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) zu beachten sei und es zu einer Gefährdung der vor Ort lebenden Bartgeier komme.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg wies die Beschwerde im Wesentlichen ab. Die Ziele der Hubschrauberflüge befänden sich zwar im Nationalpark Hohe Tauern. Durch die befristete Ausnahmeerteilung unter Auflagen könnten jedoch erhebliche Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele des Nationalparks Hohe Tauern vermieden werden, so das Gericht weiter. Die Prüfung erfolge anhand (§ 14) des Salzburger Nationalparkgesetzes 2014, mit dem die Bestimmungen der FFH‑RL umgesetzt worden seien, nicht jedoch anhand der FFH-RL selbst. Die FFH-RL werde damit auch nicht umgangen. Das Gericht verwies auch auf den "Vorbehalt späterer Vorschreibungen". Zwar könne zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts keine endgültige Beurteilung des Vorhabens vorgenommen werden, eine "grundsätzliche" Beurteilung im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit für die Jahre 2021 bis 2027 sei jedoch möglich.

Gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts erhob die Landesumweltanwaltschaft Revision an den VwGH. Darin warf sie die Frage auf, ob es zulässig ist, eine mehrjährige Ausnahmebewilligung unter dem "Vorbehalt späterer Vorschreibungen" derart zu erteilen, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt - hier: jährlich vor dem Flugtag - die Bewilligung des Vorhabens de facto neuerlich geprüft wird. Aus Sicht der Landesumweltanwaltschaft sei das Vorhaben nicht bewilligungsfähig.

Der VwGH hielt dazu fest, das mit dem Salzburger Nationalparkgesetz 2014 die Bestimmungen der FFH-RL umgesetzt wurden. Daher sind die Bestimmungen - hier § 14 - auch richtlinienkonform zu interpretieren.

Nach der somit zu beachtenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) setzt eine Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-RL voraus, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Vorhabens zu ermitteln sind, die die Ziele der FFH-RL beeinträchtigen könnten. Eine Genehmigung kann nur unter der Voraussetzung erteilt werden, dass Gewissheit darüber besteht, dass sich das Vorhaben nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet auswirkt. Dies ist dann der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass es keine solchen Auswirkungen gibt.

Umgelegt auf das Salzburger Nationalparkgesetz 2014 bedeutet dies, dass für ein Vorhaben eine nationalparkrechtliche Bewilligung nach § 14 nur dann erteilt werden darf, wenn durch das Vorhaben keine erhebliche Beeinträchtigung der im Salzburger Nationalparkgesetz 2014 genannten Erhaltungsziele (etwa Schutz der Tier- und Pflanzenwelt) zu erwarten ist, was nach der Rechtsprechung des EuGH dann der Fall ist, wenn daran auch keine vernünftigen Zweifel bestehen.

Erst wenn eine erhebliche Beeinträchtigung der genannten Schutzziele ausgeschlossen werden kann, kann eine Bewilligung nach § 14 Salzburger Nationalparkgesetz 2014 unter Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder befristet erteilt werden. Wenn einzelne Auswirkungen des Vorhabens noch nicht endgültig beurteilt werden können, das Vorhaben jedoch grundsätzlich zulässig ist (was dann der Fall ist, wenn keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind), kann die Behörde die Bewilligung unter einem "Vorbehalt späterer Vorschreibungen" erteilen.

Ein "Vorbehalt späterer Vorschreibungen" kann die Prüfung, ob ein Vorhaben nach § 14 Salzburger Nationalparkgesetz 2014 überhaupt bewilligt werden kann, jedoch nicht ersetzen. Insbesondere dann nicht, wenn einzelne Naturgegebenheiten, die eine Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen eines Vorhabens bilden, unbekannt sind. Siehe dazu auch Ra 2020/07/0081 vom 14. September 2021, wonach Auflagen notwendige wasserrechtliche Ermittlungen der Behörde nicht ersetzen können.

Im vorliegenden Fall ließen die vom Landesverwaltungsgericht herangezogenen Entscheidungsgrundlagen (Sachverständigengutachten, Befragungen) den Schluss nicht zu, dass mit der Durchführung der Helikopterflüge keine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Nationalparks zu erwarten ist.

Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung daher auf.


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