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Zur Disziplinarstrafe einer Lehrerin die sich weigerte, eine Maske zu tragen und "Verschwörungstheorien" verbreitete
Ra 2022/09/0043, 0044 vom 21. Oktober 2022
Im vorliegenden Fall wurde gegenüber einer Wiener Landeslehrerin (Lehrerin) im Juli 2021 von der Disziplinarkommission für Wiener Landeslehrer und Landeslehrerinnen (Disziplinarkommission) wegen Verletzung ihrer Dienstpflichten eine Entlassung ausgesprochen. Die Lehrerin habe sich wiederholt nicht an Weisungen gehalten. Darunter insbesondere nicht an die Weisung, beim Unterricht eine Maske zu tragen, wozu sie darüber hinaus auch nach der COVID-19-Schulverordnung für die Jahre 2020 und 2021 verpflichtet gewesen wäre. Gleichzeitig habe sie ihre Schülerinnen und Schüler aufgefordert, ebenfalls keine Masken zu tragen und ihnen vor dem Tragen der Maske Angst gemacht. Auch habe sie im Unterricht Unwahrheiten über die COVID-19-Pandemie verbreitet, in der Schule Flugblätter verteilt und zu diesem Thema auch ein Interview auf einer privaten Videoplattform gegeben.
Die Lehrerin erhob dagegen eine Beschwerde. Das Verwaltungsgericht Wien bestätigte zwar den Schuldspruch, reduzierte aber die Höhe der Disziplinarstrafe auf eine Geldstrafe in der Höhe von zwei Monatsgehältern.
Dagegen erhoben wiederum die Disziplinarkommission selbst und auch die Disziplinaranwältin der Disziplinarkommission Revision.
Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zu Recht die Strafe herabgesetzt hatte.
Der VwGH verwies darauf, dass die Verpflichtung zum Tragen einer Maske den Zweck hat, eine Verbreitung von COVID-19 zu verhindern. Bereits der Verfassungsgerichtshof (siehe VfGH 23.9.2021, V 155/2021) hielt dazu fest, dass die Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts an den Schulen ein besonders gewichtiges öffentliches Interesse darstellt und daher mit der Verpflichtung zum Tragen einer Maske in einem angemessenen Verhältnis steht. Für den VwGH war im vorliegenden Fall kein Grund ersichtlich, warum es der Lehrerin nicht möglich war, eine Maske zu tragen. Im Übrigen steht es einem Beamten nicht zu, entgegen gesetzlicher Regelungen oder Weisungen zu agieren, auch wenn er diesen nicht zustimmt oder diese für nicht zweckmäßig hält. Vielmehr sind Weisungen grundsätzlich bindend und zu befolgen.
Wenn das Verwaltungsgericht davon ausging, dass die Lehrerin den Schülern lediglich eine "andere Sicht" der Dinge vermitteln wollte, stellte der VwGH dazu klar, dass der Aufruf keine Maske zu tragen (und sich somit nicht an rechtliche Normen zu halten) oder die Verbreitung von Angst vor Masken jedenfalls nicht zu den Aufgaben von Schulen zählen. Auch das Verbreiten von völlig aus der Luft gegriffenen Unwahrheiten, wie etwa, dass eine Viruserkrankung durch Mobilfunkmasten übertragen werde, gehört nicht zum Bildungsauftrag und kann auch nicht als eine "andere Sicht der Dinge" relativiert oder gar zur Begründung einer Notstandssituation herangezogen werden. Es ist für die Schwere der Dienstpflichtverletzung unbeachtlich, ob unwissenschaftliche Ansichten von weiteren Menschen geteilt werden.
Des Weiteren wies der VwGH darauf hin, dass eine Verkennung des Bildungsauftrags oder die Anwendung bedenklicher Methoden im Unterricht auch nicht als wenig bedeutsam abgetan werden können, kann ein minderjähriger schulpflichtiger Schüler doch der geistigen Einflussnahme durch den Lehrer nicht ausweichen. Zudem stellt das einseitige Verbreiten absurder Ansichten durchaus eine schwere Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch die Lehrerin dar, müssen doch gerade auch die Eltern der unterrichteten Schülerinnen und Schüler auf eine lehrplanmäßige Bildung vertrauen dürfen.
Der positiven Zukunftsprognose des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Lehrerin nach der Pandemie wieder an ihre Dienstpflichten halten würde, widersprach der VwGH. Zum einen ließe sich daraus ein "Sinneswandel" nicht erkennen. Zum anderen waren ihre Dienstpflichtverstöße nicht nur auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie beschränkt. So bestritt sie etwa auch den menschenverursachten Klimawandel oder behauptete, dass eine bestimmte Mobilfunktechnologie Kopfschmerzen verursache.
Das Verwaltungsgericht setzte daher die Strafe zu Unrecht auf zwei Monatsgehälter hinab, weshalb der VwGH die angefochtene Entscheidung in diesem Spruchpunkt (Strafbemessung) aufhob. In einem weiteren Verfahren hat das Verwaltungsgericht die Strafe nun neu zu bemessen.