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AuslBG: Das Klinisch-Praktische-Jahr ausländischer Medizinstudenten ist ein Berufspraktikum
Ra 2022/09/0073 vom 21. Oktober 2022
Im vorliegenden Fall verhängte die Bürgermeisterin der Stadt Graz im Jänner 2022 eine Strafe über den Geschäftsführer eines Krankenhauses, weil dieses einen Ausländer beschäftigt habe, obwohl die Voraussetzungen für eine solche Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht vorgelegen seien. Es handelte sich dabei um einen russischen Studenten, der an der Medizinischen Universität Graz studierte. Im Februar 2020 absolvierte er in der Krankenanstalt einen Teil seines Klinisch-Praktischen-Jahres. Das Klinisch-Praktische-Jahr dauerte insgesamt 48 Wochen.
Der Geschäftsführer erhob Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark.
Das Landesverwaltungsgericht setzte sich mit der Frage auseinander, ob die Absolvierung des Klinisch-Praktischen-Jahres eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG darstellt oder ein Volontariat, ein Ferial- oder Berufspraktikum oder ein (sonstiges) Praktikum (§ 2 Abs. 14 bis 16 AuslBG). Mit jeweils näherer Begründung verneinte das Landesverwaltungsgericht das Vorliegen einer Beschäftigung an sich sowie das Vorliegen eines der drei Ausbildungsverhältnisse. So sei ein Volontariat nach dem AuslBG auf drei Monate beschränkt und freiwillig, was beides nicht auf das Klinisch-Praktische-Jahr zutreffe, welches im Rahmen des Studiums verpflichtend sei. Es liege auch kein Ferial- oder Berufspraktikum vor, weil dieses nur für "Schüler" vorgesehen sei und es sich bei dem russischen Studenten um keinen "Schüler" handle. Auch eine Einordnung als (sonstiges) Praktikum scheitere an der Dauer des Klinisch-Praktischen-Jahres. Das AuslBG erfasse das Klinisch-Praktische-Jahr somit nicht, weshalb das Landesverwaltungsgericht die Strafe behob und das Verfahren einstellte.
Die Bürgermeisterin der Stadt Graz erhob dagegen Revision.
Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob ein ausländischer Medizinstudent bei Absolvierung des Klinisch-Praktischen-Jahres dem AuslBG unterliegt.
Dazu stellte er zunächst klar, dass als Beschäftigung im Sinne des AuslBG nach dessen § 2 Abs. 2 neben anderen eine (jede) Verwendung des Ausländers in einem Arbeitsverhältnis, einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis oder auch in einem Ausbildungsverhältnis gilt. Es lag somit bei der Tätigkeit des russischen Studenten im Rahmen seines Klinisch-Praktischen-Jahres ungeachtet einer weiteren Einordnung jedenfalls eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG vor.
Eine solche Beschäftigung darf nur unter den Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. AuslBG erfolgen: Es ist grundsätzlich eine Bewilligung einzuholen - in manchen Ausnahmefällen reicht jedoch eine Anzeige der Beschäftigung aus. Als solche Ausnahmen gelten Beschäftigungen von Ausländern als Volontäre, Ferial- oder Berufspraktikanten oder (sonstige) Praktikanten (§ 2 Abs. 14 bis 16 AuslBG).
Zur Einordnung des Klinisch-Praktischen-Jahres hielt der VwGH weiter fest, dass es sich dabei weder um ein Volontariat (§ 2 Abs. 14 AuslBG) handelt, weil ein solches auf drei Monate beschränkt ist, noch um ein (sonstiges) Praktikum (§ 2 Abs. 16 AuslBG), weil auch ein solches auf maximal 180 Tage beschränkt ist und sich dieses auf Studierende an Universitäten in einem Drittstaat bezieht.
Vielmehr handelt es sich dabei um ein Berufspraktikum im Sinne des § 2 Abs. 15 AuslBG: Unter Hinweis auf den allgemeinen Sprachgebrauch, wonach etwa Studierende auch als "Hochschüler" bezeichnet werden, und auch auf die historischen Materialien des Gesetzes stellte der VwGH klar, dass die Wendung "Schüler" in dieser Bestimmung auch Studierende umfasst. Das Klinisch-Praktische-Jahr als Berufspraktikum im Sinne des § 2 Abs. 15 AuslBG wäre daher anzuzeigen gewesen.
Im Übrigen ist es bei der angewandten Strafbestimmung des § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG nur entscheidend, dass ein Ausländer entgegen den Voraussetzungen des § 3 AuslBG beschäftigt wurde. Es kommt dabei nicht mehr auf die weitere Unterteilung an, inwiefern - etwa ob eine Bewilligung oder Anzeigebestätigung einzuholen gewesen wäre - gegen diese Voraussetzung verstoßen wurde.
Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf.