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Einkommensteuer: Zum einkommensteuerlichen Zuzugsfreibetrag nach § 103 Abs. 1a EStG 1988 für einen Wissenschaftler
Ro 2019/13/0015 vom 15. Dezember 2021
Personen, deren Zuzug auf dem Ausland der Förderung von Wissenschaft und Forschung dient und deshalb im öffentlichen Interesse liegt, kann der Bundesminister für Finanzen gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 einen einkommensteuerlichen Freibetrag gewähren (Zuzugsfreibetrag).
Ein nach Österreich zugezogener Wissenschaftler / Forscher beantragte die Zuerkennung eines solchen pauschalen einkommensteuerlichen Zuzugsfreibetrages nach § 103 EStG 1988. Dazu brachte er vor, er habe an der Universität Wien eine Tenure-Track-Stelle erhalten, die es ihm ermögliche, eine eigene Forschungsgruppe aufzubauen. Die Forschungsrichtung entspreche seiner Qualifikation und seine Expertise auf diesem Gebiet sei sehr gefragt.
Der Finanzminister wies den Antrag ab, weil der Wissenschaftler keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 Z 1 Zuzugsbegünstigungsverordnung (ZBV) ausübe. Der Finanzminister stützte sich in seiner Entscheidung auf eine Auskunft der Universität, wonach die Tätigkeit zu je einem Drittel in Forschung, Lehre und Administration liege, wobei sich die Administration auf Forschung und Lehre beziehe.
Der Wissenschaftler erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Er legte weitere Nachweise bei, dass seine Forschungsarbeit mindestens 90% seiner Arbeitszeit in Anspruch nehme.
Das Bundesfinanzgericht (BFG) folgte der Beschwerde des Wissenschaftlers und gewährte ihm den Zuzugsfreibetrag. Das BFG ging von einer überwiegenden wissenschaftlichen Tätigkeit aus, weil die Lehre als Teil einer wissenschaftlichen Tätigkeit anzusehen sei.
Der Finanzminister erhob gegen die Entscheidung des BFG Revision an den VwGH, der die angefochtene Entscheidung aufhob. Der VwGH begründete folgendermaßen:
Wie das BFG zwar richtig erkannt hat, erfasst der Begriff "Wissenschaft" die Forschung und die wissenschaftliche Lehre. Die Zuzugsbegünstigungsverordnung definiert allerdings in den Z 1 bis 4 des § 2 Abs. 1 ZBV, wann der Zuzug eines Wissenschaftlers / Forschers aus einkommensteuerlicher Sicht im öffentlichen Interesse liegt. Der Zuzug liegt nämlich nur dann im öffentlichen Interesse, wenn die Zuziehenden überwiegend eine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne der ZBV ausüben. Die wissenschaftliche Tätigkeit wird in der ZBV definiert als eine Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Damit ist die Lehre von dieser Definition der ZBV nicht erfasst. Diese Sichtweise entspricht auch den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 103 Abs. 1a EStG 1988.
Somit hat das BFG bei der Beurteilung, ob überwiegend eine wissenschaftliche Tätigkeit iSd. ZBV vorliegt, zu Unrecht die wissenschaftliche Lehre mitberücksichtigt. Damit erwies sich die angefochtene Entscheidung als rechtswidrig und war aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof betonte aber auch, dass es auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, ob überwiegend eine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Daher hat das BFG zu erheben, in welchem Ausmaß der Wissenschaftler konkret in der Forschung tätig gewesen ist.