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Epidemiegesetz: Vergütungsanspruch für rückwirkend angeordnete Absonderungen

Ro 2022/03/0002 vom 10. Februar 2022

Im vorliegenden Fall begab sich eine Mitarbeiterin einer Gemeinde vom 20. November 2020 bis zum 30. November in Quarantäne, weil sie am 20. November 2020 Kontakt zu einer mit COVID‑19 infizierten Person hatte. Die zuständige Bezirkshauptmannschaft (BH) als Gesundheitsbehörde verkündete gegenüber der Gemeindemitarbeiterin (erst) am 24. November 2020 zunächst telefonisch die Anordnung zur Absonderung (Quarantäne) und erließ schließlich noch am gleichen Tag einen schriftlichen Bescheid, in dem im Spruch eine Absonderung für den Zeitraum vom 20. November 2020 bis zum 30. November 2020 angeordnet wurde. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Die Gemeinde, bei der die Mitarbeiterin angestellt war, beantragte bei der BH die Vergütung der von ihr vom 20. November 2020 bis zum 30. November 2020 weiter geleisteten Entgeltzahlungen gemäß § 32 Epidemiegesetz (EpiG).

Die BH gab diesem Antrag nur teilweise statt. Der Gemeinde gebühre nur eine Vergütung vom 24. November 2020 bis zum 30. November 2020. Den (restlichen) Antrag auf Zuerkennung der Vergütung vom 20. November bis 23. November wies die BH ab. Die Behörde führte dazu aus, dass eine behördliche Absonderung erst ab 24. November 2020 (als Tag der Verkündung des Absonderungsbescheides) verfügt worden sei.

Einer von der Gemeinde dagegen erhobenen Beschwerde gab das zuständige Landesverwaltungsgericht statt und erkannte der Gemeinde eine Vergütung für die gesamte Dauer der Absonderung zu. Das Verwaltungsgericht hielt dazu fest, dass sich die Vergütung nach dem Spruch des Absonderungsbescheids richte und daher den gesamten Zeitraum der Absonderung, also von 20. November bis 30. November 2020, erfasse.

Die BH erhob dagegen Revision, in der sie die Frage der Zeitraumbezogenheit von Absonderungsbescheiden aufwarf. Es stelle sich die Frage, ob ein rückwirkender Bescheid Grundlage für einen Vergütungsanspruch nach § 32 EpiG sein könne.

Der VwGH verwies dazu auf seine bisherige Rechtsprechung. Darin stellte er klar, dass ein Absonderungsbescheid zwar in die Zukunft gerichtet sein muss und keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, dass im Nachhinein und rückwirkend eine Absonderung ausgesprochen wird. Liegt jedoch ein bereits rechtskräftiger Bescheid vor, der über den Zeitraum einer Absonderung abspricht (wie hier), dann kommt diesem Bescheid Bindungswirkung zu. Denn mit einem solchen Bescheid wird die (Vor)Frage beantwortet, ob und für welchen Zeitraum ein Anspruch auf Vergütung nach § 32 EpiG besteht.

Im Übrigen hielt der VwGH fest, dass durch eine behördlich angeordnete Absonderung die Weiterverbreitung von COVID‑19 möglichst verhindert werden soll. Eine Anordnung der Absonderung soll daher ehest erfolgen (ab Auftreten der Krankheit oder Kontakt zu einer infizierten Person). Dabei soll eine Absonderung nur dann angeordnet werden, wenn nach dem Verhalten der betroffenen Person die Gefahr für die Gesundheit anderer Menschen durch gelindere (weniger einschneidende) Mittel nicht beseitigt werden kann.

Es wäre daher ein Wertungswiderspruch, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Vergütungsanspruch nur für den Zeitraum ab Verkündung der Absonderung zuerkannt werde und nicht auch für den Zeitraum der freiwilligen Absonderung, wenn der (später) erlassene Absonderungsbescheid ohnehin den gesamten Zeitraum erfasst. Durch die freiwillige Absonderung bis zur Verkündung der Absonderung (und natürlich auch darüber hinaus) hat die betroffene Person eine Weiterverbreitung von COVID‑19 verhindert und damit genau das getan, was das Gesetz von einer verständigen Bürgerin bzw. Bürger erwartet.

Es wurden im vorliegenden Fall keine neuen Rechtsfragen aufgeworfen, die vom VwGH zu beantworten gewesen wären, weshalb der VwGH die Revision zurückwies.

Download: Volltext der Entscheidung