Navigation
Inhalt
Immobilienertragsteuer: Haftung eines Rechtsanwalts für ImmoESt
Ro 2022/15/0004 vom 9. Februar 2022
Ein Rechtsanwalt nahm für den Verkauf einer Liegenschaft seines Mandanten als Parteienvertreter die Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer (ImmoEST) vor. Der Rechtsanwalt ermittelte dabei die Bemessungsgrundlage der ImmoESt gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 unter Zugrundelegung von Anschaffungskosten in der Höhe von 86% des Veräußerungserlöses.
Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Bemessungsgrundlage nach der Z 1 des § 30 Abs. 4 EStG 1988 zu ermitteln sei, also unter Zugrundelegung von Anschaffungskosten in Höhe von bloß 40% des Veräußerungserlöses. Es erließ daher gegenüber dem Rechtsanwalt einen Haftungsbescheid für den Mehrbetrag an Immobilienertragsteuer.
Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsanwalt Beschwerde. Das Bundesfinanzgericht (BFG) wies die Beschwerde ab.
In weiterer Folge erhob der Rechtsanwalt Revision, die zur Aufhebung der Entscheidung des BFG führte. Der VwGH begründete wie folgt:
Zunächst wies der VwGH darauf hin, dass im Fall einer zu niedrig entrichteten ImmoESt der Grundstücksverkäufer nach wie vor der Steuerschuldner ist. Daneben haftet der Rechtsanwalt (Parteienvertreter) gemäß § 30c Abs. 3 dritter Satz EStG 1988 dann für die Richtigkeit der Immobilienertragsteuer, wenn er die ImmoESt wider besseres Wissen auf Grundlage der Angaben des Steuerpflichtigen zu niedrig berechnet hat.
Das Finanzamt und das BFG hatten sich lediglich mit der Frage der richtigen Höhe der ImmoESt befasst. Die für die Haftung des Rechtsanwalts nach der Bestimmung des § 30c Abs. 3 dritter Satz EStG 1988 essentielle Frage, ob der Rechtsanwalt die (allenfalls unrichtige) Berechnung der ImmoESt wider besseren Wissens auf Grundlage der Angaben des Steuerpflichtigen vorgenommen hat, wurde im angefochtenen Erkenntnis überhaupt nicht behandelt. Das BFG hätte prüfen müssen, ob der Haftungstatbestand überhaupt erfüllt ist. In Verkennung der Rechtslage hat es dies unterlassen, weshalb die angefochtene Entscheidung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.