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Umweltrecht / Fischotter: Anerkannte Umweltorganisationen können die Überprüfung und Aufhebung von Verordnungen bei Behörden beantragen

Ra 2021/10/0162, 0163 vom 13. Juni 2023

Der vorliegende Fall stand im Zusammenhang mit einer nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) geschützten Tierart (Fischotter). Die Landesregierung erließ im November 2019 die Fischotter-Verordnung, welche im Wesentlichen im Bereich von Fischteichen das Fangen und Töten von Fischottern erlaubte.

Zwei nach dem UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen beantragten bei der  Landesregierung die Überprüfung (und Aufhebung) der Fischotter-Verordnung. Die Umweltorganisationen gingen dabei davon aus, dass die Verordnung nicht mit der FFH-Richtlinie vereinbar sei. Ihr Antragsrecht auf Überprüfung und Aufhebung der Verordnung leiteten die Umweltorganisationen aus dem anwendbaren Unionsrecht (Aarhus-Konvention, GRC sowie FFH-Richtlinie) ab.

Die Landesregierung wies den Antrag mangels Zuständigkeit mit Bescheid zurück. Die Behörde hielt fest, dass nur der Verfassungsgerichtshof zur Aufhebung von Verordnungen berechtigt sei. Eine von den Umweltorganisationen dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhoben die Umweltorganisationen Revision an den VwGH. Sie brachten darin insbesondere vor, ihnen komme ein Recht zu, Verordnungen, mit denen unionsrechtliches Umweltrecht umgesetzt werde, überprüfen lassen zu können.

Dazu hielt der VwGH zunächst fest, dass es sich bei Fischottern um eine nach der FFH-Richtlinie "streng zu schützende" Tierart handelt. Die EU-Mitgliedstaaten sind angehalten, ein dementsprechendes "strenges Schutzsystem" einzuführen, wobei die Mitgliedstaaten unter gewissen Voraussetzungen Ausnahmen von diesem Schutzsystem vorsehen können. Solche Ausnahmen wurden mit der  Fischotter-Verordnung normiert. Es ist für den VwGH daher nicht zweifelhaft, dass die  Fischotter-Verordnung in Umsetzung von Unionsumweltrecht ergangen ist.

Nach der bisherigen - wiederum auf Rechtsprechung des EuGH gestützten - Rechtsprechung des VwGH kommt anerkannten Umweltorganisationen im Zusammenhang mit der Umsetzung von Unionsumweltrecht ein Recht auf Teilnahme am behördlichen Verfahren zu (siehe dazu etwa Ro 2018/10/0010 vom 20. Dezember 2019).

Auch bejahte der VwGH bereits ein Antragsrecht von Umweltorganisationen auf Erlassung einer Verordnung zur Umsetzung von Unionsumweltrecht. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass dafür keine nationale Rechtsgrundlage besteht (siehe dazu Ra 2015/07/0074 vom 19. Februar 2018). Unter Umständen kann sich aus unionsrechtlichen Erfordernissen sogar eine Pflicht zur Erlassung einer Verordnung ergeben. Die den Umweltorganisationen zuerkannten - aus dem Unionsrecht abgeleiteten - Rechte können ihnen insbesondere auch nicht deshalb versagt werden, weil (nach nationalem Recht) weder ein Antragsrecht noch ein einheitliches Verfahrensrecht bei der Erlassung von Verordnungen besteht. Vielmehr sind österreichische Behörden und Gerichte gefordert, für einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sorgen.

Mit der Zurückweisung des Antrags auf Überprüfung und Aufhebung der  Fischotter-Verordnung wurde ein solcher Rechtsschutz jedoch versagt. Auch steht der Umstand, dass die Verordnung bereits besteht, einer nachträglichen Überprüfung nicht entgegen. Die Behörde wäre somit angehalten gewesen, den Antrag der Umweltorganisationen inhaltlich zu prüfen.

Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung daher auf.


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Volltext der Entscheidung