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Zu den Voraussetzungen für eine Errichtung einer Privatbegräbnisstätte nach dem Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz
Ra 2021/11/0167 vom 4. Mai 2023
Im vorliegenden Fall beantragte ein Bestattungsunternehmen im Namen einer Hinterbliebenen beim Magistrat der Stadt Wien die Bewilligung zur Errichtung einer Privatbegräbnisstätte zur Beisetzung der kompostierbaren Urne ihres verstorbenen Ehemanns auf einem Waldgrundstück in Wien.
Der Magistrat wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass auf diesem Waldgrundstück bereits zahlreiche Privatbegräbnisstätten bewilligt worden seien und dadurch bereits der Eindruck entstanden sei, dass es sich bei dem Grundstück um einen vom Bestattungsunternehmen betriebenen "Waldfriedhof" und damit eine Bestattungsanlage handle.
Dagegen erhob die Hinterbliebene Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.
Das Verwaltungsgericht Wien gab der Beschwerde statt und bewilligte die Errichtung der Privatbegräbnisstätte und die Beisetzung der Urne in derselben. Das Gericht ging davon aus, dass die Voraussetzungen für die Errichtung einer Privatbegräbnisstätte vorlägen, weil der Waldeigentümer zugestimmt hätte, keine öffentlichen Interessen gegen die Errichtung sprächen und mangels Erkennbarkeit auf dem Waldgrundstück auch nicht der äußere Eindruck eines Friedhofs entstehe.
Der Magistrat der Stadt Wien erhob dagegen Revision.
Der VwGH setzte sich ausführlich mit den Voraussetzungen für die Bewilligung einer Privatbegräbnisstätte nach dem Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz (WLBG) auseinander.
Dazu hielt er zunächst fest, dass in Wien nach dem WLBG eine Bestattung nur in einer Bestattungsanlage (Friedhof oder Urnenhain) oder Privatbegräbnisstätte vorgenommen werden darf. Dabei ist weiter zwischen der Bestattung von Leichen und Leichenasche (in Urnen) zu unterscheiden.
Außerhalb von Bestattungsanlagen dürfen etwa Leichen eines bestimmten Personenkreises gemäß § 24a WLBG nur in Privatbegräbnisstätten in Form von gemauerten Grabstellen (Gruft oder Krypta) bestattet werden. Die Bestattung von Leichenasche in Privatbegräbnisstätten außerhalb von Bestattungsstätten dürfen gemäß § 25 Abs. 1 WLBG nur bei Zustimmung des Grundeigentümers und bei Fehlen entgegenstehender öffentlicher Interessen bewilligt werden.
In beiden Fällen darf durch die Bewilligung mehrerer Privatbegräbnisstätten nicht das äußere Erscheinungsbild einer Bestattungsanlage (somit eines Friedhofes oder eines Urnenhains) entstehen.
Der VwGH leitete aus dem Gesetz darüber hinaus ab, dass eine Privatbegräbnisstätte nicht auf dem Areal einer Bestattungsanlage liegen darf (Friedhof oder Urnenhain). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob es sich dabei um eine dem Gesetz entsprechende Bestattungsanlage handelt.
Zur Klärung der Frage, ob eine Bestattungsanlage vorliegt, sprach der VwGH aus, dass im Rahmen einer Gesamtschau zu prüfen ist, ob das in Betracht kommende Grundstück der Beisetzung (von Leichen oder Leichenasche) eines – üblicherweise – offenen Personenkreises dient. Dabei sind etwa die Zahl der Beisetzungsplätze sowie der Abstand der einzelnen Beisetzungsplätze zueinander, die zivilrechtlichen Verhältnisse am Beisetzungsort und eine mögliche Absicht, die Beisetzungen nach einem "Grabstellenplan" vorzunehmen, zu beachten.
Im vorliegenden Fall gab es nach Auffassung des VwGH zahlreiche Hinweise darauf, dass eine Bestattungsanlage vorliegen könnte. So brachte der Magistrat im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vor, dass auf dem verhältnismäßig kleinen Areal (weniger als 2.500 m2) bereits zahlreiche (über 1.100) Urnen bestattet worden seien. Das Bestattungsunternehmen bewerbe im Internet die Bestattung – neben anderen - auf diesem Waldgrundstück. Es könne ein Nutzungsrecht für einzelne Grabstellen bzw. Bäume (zur Bestattung) erworben werden, wobei die Preise je nach Einzelbaum oder gemeinschaftlichen Baum variierten. Bei einem Einzelbaum sei eine einzige Grabstelle einem Baum zugeordnet. Dabei entstehe der Eindruck, es könne ein Recht an einem Baum erworben werden. Auch die Begräbnisse würden vom Bestattungsunternehmen selbst in diesem Wald vorgenommen werden. Darüber hinaus führe das Unternehmen für das entsprechende Areal auch ein "Grabstellenverzeichnis".
Weil das Verwaltungsgericht trotz dieser Hinweise jedoch nicht überprüft hatte, ob es sich bei dem entsprechenden Areal um eine Bestattungsanlage handelt, was die Errichtung der beantragten Privatbegräbnisstätte sowie die Urnenbeisetzung in ihr nicht erlaubt hätte, hob der VwGH die angefochtene Entscheidung auf.