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Land Vorarlberg: Der Auftrag zur Ausweitung der COVID-19-Testungen in einem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung war nicht rechtswidrig

Ro 2021/04/0028 vom 16. Dezember 2022

Der vorliegende Fall betrifft die im Februar 2021 vom Land Vorarlberg erfolgte Vergabe des Auftrags, die Kapazitäten bereits bestehender COVID-19-Testungen zu erhöhen. Aufgrund der 4. COVID‑19‑Schutzmaßnahmenverordnung (welche vorsah, dass nur getestete Kunden körpernahe Dienstleistungen in Anspruch nehmen dürfen) sowie der COVID‑19‑Einreiseverordnung (Testpflicht für einreisende Berufspendler), ging das Land Vorarlberg davon aus, dass es notwendig war, die bisherigen Testkapazitäten mehr als zu verdoppeln. Beide Verordnungen wurden Anfang Februar 2021 kundgemacht und traten binnen weniger Tage in Kraft. Aus Zeitgründen vergab das Bundesland den Auftrag ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens mit Bekanntmachung an den Dienstleister, der bereits das bisherige Testangebot des Bundeslandes abwickelte. Die auf diese Weise beauftragte Erhöhung der Testkapazitäten sollte als Überbrückung bis zum Abschluss eines kurz darauf durchgeführten Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung erfolgen.

Ein weiterer Anbieter von COVID‑19‑Testungen (Testanbieter) wandte sich gegen die Vergabe, indem er beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg die Feststellung, der Auftrag sei rechtswidrig vergeben worden, sowie die Nichtigerklärung des Vertrags beantragte. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg wies beide Anträge als unbegründet ab, wogegen der Testanbieter Revision erhob.

Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob das Land Vorarlberg zu Recht den Auftrag in einem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. unter Einbeziehung nur eines Bieters vergeben hatte.

Dazu hielt der VwGH fest, dass gemäß § 37 Abs. 1 Z 4 Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) ein Auftrag im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung dann vergeben werden kann, wenn sich aufgrund von unvorhersehbaren Ereignissen äußerst dringliche und zwingenden Gründe (die nicht dem öffentlichen Auftraggeber zuzuschreiben sind) ergeben und deswegen die bei einer Auftragsvergabe in einem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung vorgesehenen Fristen nicht eingehalten werden können. Diese Ausnahme von den fristgebundenen Verfahren ist dabei streng zu prüfen und darf sich nur auf die Beschaffung jener Waren (bzw. auf die Bereitstellung jener Dienstleistungen) beziehen, "die angesichts der Notsituation unmittelbar erforderlich sind".

Im vorliegenden Fall war für den VwGH die Annahme, dass mit den zwei im Februar 2021 kundgemachten COVID-Verordnungen und den darin vorgesehenen Testpflichten ein für das Land Vorarlberg unvorhersehbares Ereignis eingetreten war, nicht zu beanstanden. Aus diesem Ereignis ergab sich auch der - nicht dem Bundesland zuzurechnende - äußerst dringliche und zwingende Grund, ausreichend Tests (durch Ausweitung der Testkapazitäten) für die Bevölkerung Vorarlbergs zur Verfügung zu stellen. Auch folgte der VwGH der Ansicht, dass aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen der Kundmachung und dem Inkrafttreten der Verordnungen die Einhaltung der Fristen eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung nicht möglich war. Die Verordnungen wurden am 5. bzw. am 3. Februar 2021 kundgemacht und traten am 8. bzw. am 10. Februar in Kraft. Im Übrigen wurde in Hinblick darauf, dass diese Vergabe nur als Überbrückung bis zum Abschluss eines Vergabeverfahrens mit Bekanntmachung dienen sollte, nicht darüber hinausgegangen, was "angesichts der Notsituation unmittelbar erforderlich" ist.

Die Frage der Rechtmäßigkeit des Vorgehens, nur einen Bieter im Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung heranzuziehen, bejahte der VwGH unter Verweis auf das Unionsrecht (Vergaberichtlinie und Rechtsprechung des EuGH) sowie auf § 122 Abs. 3 zweiter Satz BVergG 2018, wonach dies bei Vorliegen von äußerst dringlichen und zwingenden Gründen (die sich an jenen des § 37 Abs. 1 Z 4 orientieren) zulässig ist.

Das Land Vorarlberg durfte im vorliegenden Fall somit den Auftrag zur Erweiterung der Testkapazitäten nach § 37 Abs. 1 Z 4 BVergG 2018 in einem Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung - ohne weitere Bieter beizuziehen - vergeben.

Der VwGH wies die Revision ab.


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