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Auskunftspflicht von Universitätsrektoren im Verfahren über die Berufung zur Professur
Ro 2021/10/0009 vom 12. Dezember 2022
Im vorliegenden Fall beantragte ein Bewerber um eine Professur, ein Universitätsdozent, eine Auskunft von der Rektorin der Technischen Universität Wien. Konkret ging es um den Inhalt zweier im Zusammenhang mit dem Berufungsverfahren (Berufung als Professor) eingeholten Gutachten zu seiner Bewerbung. Die Rektorin erteilte dem Bewerber nur teilweise Auskunft, insbesondere nicht (umfassend) über den Inhalt der eingeholten Gutachten.
Der Bewerber beantragte die Erlassung eines Bescheides über die Nichterteilung der Auskunft nach § 4 Auskunftspflichtgesetz. Nunmehr stellte die Rektorin mit Bescheid fest, dass dem Bewerber keine Auskunft über die Gutachten erteilt werde.
Dagegen erhob der Bewerber eine Beschwerde, welche vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) abgewiesen wurde. Das Gericht ging dabei davon aus, dass die Rektorin der Technischen Universität Wien als belangte Behörde nicht vom Organbegriff des Auskunftspflichtgesetzes umfasst sei. Sie sei nämlich weder ein Organ einer Gebietskörperschaft noch ein Organ einer Selbstverwaltung, die durch Bundesgesetz zu regeln sei. Die Rektorin sei Organ einer Universität, welcher lediglich ein "selbstverwaltungsähnlicher Charakter" zukomme. Darüber hinaus sei das Berufungsverfahren ein privatrechtliches Verfahren und daher auch aus diesem Grund nicht vom Auskunftspflichtgesetz erfasst. Im Übrigen würden die Gutachten vom Senat der Universität, nicht jedoch von der Rektorin, bestellt, weshalb bei einer Auskunft über die Gutachten auch die sachliche Zuständigkeit der Rektorin überschritten werde. Zusammenfassend sei aus diesen Gründen daher keine Auskunft zu erteilen.
Gegen die Entscheidung des BVwG erhob der Bewerber schließlich Revision.
Der VwGH setzte sich mit den vom Bewerber aufgeworfenen Rechtsfragen auseinander, ob auch Organe von Universitäten vom Auskunftspflichtgesetz umfasst sind und ob ein Berufungsverfahren im "Wirkungsbereich" der Rektorin liegt, über den sie Auskunft zu erteilen hat.
Dazu verwies der VwGH zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, in der er bereits mehrfach klargestellt hatte, dass gemäß Art. 20 Abs. 4 B‑VG "alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe" zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. Dabei ist der Organbegriff nicht "organisatorisch", sondern "funktionell" zu verstehen. Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Organ organisatorisch in eine Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden) eingegliedert ist, sondern, ob es mit der "Besorgung von Verwaltungsaufgaben" betraut ist. Dies umfasst auch Universitäten, für die zwar die Auskunftspflicht nicht explizit geregelt ist, welche jedoch wohl vom historischen Willen des Bundesgesetzgebers zur Auskunftspflicht umfasst waren. Ein Berufungsverfahren steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Erfüllung der (öffentlichen) Aufgaben der Universität. Ein solches ist daher als eine "Besorgung einer Verwaltungsaufgabe" durch ein Organ (hier: Rektorin) zu sehen.
Auch hat der VwGH wiederholt ausgesprochen, dass das Auskunftspflichtgesetz sowohl die Hoheitsverwaltung als auch die Privatwirtschaftsverwaltung umfasst.
Schließlich hielt der VwGH fest, dass aufgrund der zentralen Rolle der Rektorin im Berufungsverfahren und des Umstandes, dass die Gutachten eine wesentliche Entscheidungsgrundlage hiefür darstellen, nicht gesagt werden kann, dass eine Auskunft über die Gutachten nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich der Rektorin fällt.
Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf.