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Nachtfahrverbot auf der A 12 Inntalautobahn: Zur Ausnahme der Be- und Entladung innerhalb der Kern- bzw. erweiterten Zone
Ro 2022/07/0011 vom 19. Oktober 2023
Im vorliegenden Fall wurde der Lenker eines LKW im Dezember 2021 wegen eines Verstoßes gegen das Nachtfahrverbot auf der A 12 Inntalautobahn im Instanzenzug vom Landesverwaltungsgericht Tirol bestraft. Der LKW transportierte ca. 21 Tonnen Mozzarella von Haag in Oberbayern (Deutschland) in die Provinz Caserta (Italien) sowie eine einzelne, 25 Kilogramm schwere Europalette als Leergutretournierung von Albaching im Landkreis Rosenheim (Deutschland) nach Sterzing in der Bezirksgemeinschaft Wipptal (Südtirol/Italien). Nach der maßgeblichen Verordnung des Landeshauptmanns von Tirol zählen der Landkreis Rosenheim sowie die Bezirksgemeinschaft Wipptal zur "erweiterten Zone" des Nachtfahrverbots. Der LKW-Lenker berief sich auf eine Ausnahmebestimmung der Verordnung, wonach das Fahren erlaubt sei, wenn der LKW in der erweiterten Zone be- oder entladen werde. Die Nachtfahrt zum Transport der Europalette von Albaching nach Sterzing sei daher unter die Ausnahmebestimmung gefallen. Dieser Argumentation folgte das Landesverwaltungsgericht insofern nicht, als es davon ausging, dass die Be- und Entladung zwar in der Kernzone gelegen seien, die 25 Kilogramm schwere Europalette im Vergleich zu den 21 Tonnen Mozzarella jedoch als geringfügig einzustufen sei und nahm eine beabsichtigte Umgehung des Nachtfahrverbots an.Der LKW-Fahrer erhob dagegen eine Revision.
Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ab wann eine Be- bzw. Entladung in der Kern- bzw. in der erweiterten Zone des Nachtfahrverbots vorliegt, die eine Ausnahme des Nachtfahrverbots darstellt.
Dazu verwies der VwGH auf seine bisherige vergleichbare Rechtsprechung (ergangen zu einem Fahrverbot für LKW auf der Fernpassstraße), wonach von einer "Beladung" nur dann gesprochen werden kann, wenn eine Last oder Ladung aufgenommen wird, deren Ausmaß und Gewicht nicht bloß geringfügig ist.
Im vorliegenden Fall nahm das Landesverwaltungsgericht zu Recht an, dass die Be- und Entladung der 25 Kilogramm schweren Europalette als bloß geringfügig einzustufen sei.
Das Landesverwaltungsgericht ging zwar davon aus, dass Albaching und Sterzing in der „Kernzone“ lägen, statt wie richtigerweise in der "erweiterten Zone", aber auch das ändert nichts an der Beurteilung, so der VwGH weiter.
Im Übrigen prüfte das Landesverwaltungsgericht das Vorliegen der Ausnahme anhand einer zum Tatzeitpunkt noch nicht in Kraft getretenen Fassung der Ausnahmebestimmung, die um eine weitere Voraussetzung ergänzt wurde (die Ausnahme wurde später sohin strenger). Dazu stellte der VwGH klar, dass Voraussetzung für die Verhängung einer Strafe ist, dass die Tat zum Zeitpunkt ihrer Begehung ausdrücklich für strafbar erklärt war. Grenze der Interpretation ist der äußerst mögliche Wortsinn der Bestimmung. Die zum Zeitpunkt der Tat maßgebliche Fassung der Ausnahmebestimmung umfasste diese Voraussetzung noch nicht, weshalb eine Interpretation unter Berücksichtigung der später hinzugetretenen Ausnahmevoraussetzung zu einer nicht zulässigen rückwirkenden Strafbarkeitsausdehnung führen würde. Aber auch dies ändert nichts an der Beurteilung, weil die Be- und Entladung der Europalette innerhalb der erweiterten Zone bloß geringfügig war.
Unter Hinweis auf Rechtsprechung des EuGH verneinte der VwGH schließlich, dass das Nachtfahrverbot gegen Unionsrecht verstoße.
Der VwGH wies die Revison als unbegründet ab.
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