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S1 / Lobautunnel: Strategische Prüfung vor Änderung des Bundesstraßengesetzes 1971 ist kein Verwaltungsverfahren
Ra 2024/06/0087 vom 11. September 2024
Der vorliegende Fall betrifft die von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) beabsichtigte Streichung eines Teilstücks der S1 (inklusive Lobautunnel) aus dem Anhang des Bundesstraßengesetzes 1971.
Das Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz) sieht vor, dass u.a. vor einer Änderung des Straßennetzes eine strategische Prüfung durch die BMK durchzuführen ist. Im Zuge dieser Prüfung wurde auch dem Land Niederösterreich die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Das Land Niederösterreich beantragte im Rahmen dessen die Einstellung des Verfahrens nach dem SP-V-Gesetz. Dieser Antrag wurde von der BMK zurückgewiesen, weil dem Land Niederösterreich nur ein Recht auf Stellungnahme, jedoch keine Parteistellung zukomme.
Dagegen erhob das Land Niederösterreich eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), die von diesem abgewiesen wurde.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung einer vom Land Niederösterreich erhobenen Beschwerde gegen das Erkenntnis des BVwG ab.
Schließlich wandte sich das Land Niederösterreich mit einer Revision an den VwGH.
Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob das Land Niederösterreich eine Einstellung des Verfahrens nach dem SP-V-Gesetz zu Recht beantragen durfte. Zentraler Bedeutung kam dabei der Frage zu, ob es sich bei der strategischen Prüfung nach dem SP‑V‑Gesetz um ein Verwaltungsverfahren handelt. Dazu führte der VwGH aus, Zweck des SP-V-Gesetzes ist es, u.a. von der BMK vorgeschlagene Änderungen des Straßennetzes vor Erstellung von Gesetzesentwürfen (hier: der Erstellung eines Gesetzentwurfes zur Änderung des Bundesstraßengesetzes 1971), die die BMK der Bundesregierung vorzulegen beabsichtigt, einer strategischen Prüfung zu unterziehen. Aufgrund des klaren Wortlauts des SP-V-Gesetzes stellt diese Prüfung einen der Gesetzgebung vorgelagerten Schritt dar und kein eigenständiges Verwaltungsverfahren; die Bestimmungen des AVG kommen somit nicht zur Anwendung.
Auch Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass für einen „dem Gesetzgebungsverfahren zum Bundesstraßengesetzes 1971 vorgelagerten, vorbereitenden Prüfvorgang“ Zugang zu Gericht einzuräumen wäre.
Wenn das Land schließlich den fehlenden gerichtlichen Rechtsschutz in einem solchen Verfahren moniert, verwies der VwGH auf die Möglichkeit, eine nach dem Prüfvorgang erfolgte Gesetzesänderung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.
Der VwGH wies die Revision des Landes Niederösterreich zurück.
Download: Volltext der Entscheidung