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Beamtenrecht: Entlassung wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung
Ra 2024/09/0011 vom 28. März 2024
Im vorliegenden Fall wurde zunächst von der Bundesdisziplinarbehörde und dann bestätigend vom Bundesverwaltungsgericht im September 2023 gegenüber einem Exekutivbeamten die Entlassung (als Disziplinarstrafe) ausgesprochen. Der Beamte war zuvor strafgerichtlich wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt worden. In den Jahren 2016 und 2017 habe er mehrere einschlägige Chatnachrichten versendet sowie 2017 vor Kollegen den Nationalsozialismus gutheißende Äußerungen getätigt. Im Disziplinarverfahren wurde ihm deshalb vorgeworfen, er habe dadurch auch seine Dienstpflicht als Beamter verletzt, weil er in seinem Verhalten darauf zu achten gehabt hätte, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Der Beamte wandte sich vorweg erfolglos an den Verfassungsgerichtshof und erhob in weiterer Folge eine Revision an den VwGH.
Zunächst brachte der Beamte vor, die 2016 bzw. 2017 begangenen Taten seien disziplinarrechtlich verjährt. Die Disziplinarbehörde habe von diesen nämlich bereits vor den strafgerichtlichen Verurteilungen in den Jahren 2020 und 2021 Kenntnis gehabt. Zwar werde für die Dauer eines Ermittlungsverfahrens nach der Strafprozessordnung (StPO) die Verjährung gehemmt, es sei aber offen, was darunter zu verstehen sei bzw. wann die Hemmung beginne, so der Beamte in der Revision.
Dazu stellte der VwGH klar, dass die disziplinarrechtlichen Verjährungsfristen dann gehemmt werden, wenn ein Strafverfahren nach der StPO eingeleitet wurde und verwies für den Zeitpunkt des Beginns auf § 1 Abs. 2 StPO (Das Strafverfahren beginnt, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines Anfangsverdachts ermitteln).
Darauf kam es im vorliegenden Fall jedoch nicht mehr an, so der VwGH weiter. Denn unter Verweis auf seine Rechtsprechung hielt er fest, dass durch Fassung eines Einleitungsbeschlusses durch die Disziplinarbehörde die - während der strafrechtlichen Ermittlungen gehemmte - disziplinarrechtliche Verjährungsfrist unterbrochen wird. Die Disziplinarbehörde hatte Ermittlungsbeschlüsse gefasst, weshalb eine Verjährung aufgrund der Hemmung bzw. der ohnehin eingetretenen Unterbrechung zu verneinen war.
Schließlich betonte der VwGH, dass mit einer Novelle des Beamtenrechts im Jahr 2008 nunmehr auch die Generalprävention als Bemessungskriterium eingeführt wurde.
Die von einer nationalsozialistischen Weltanschauung für die Allgemeinheit ausgehende Gefahr wurde vom Gesetzgeber (aus historischen Gründen) als derart gravierend eingeschätzt, dass er das Verbotsgesetz erließ, um dem Wiedererstarken des NS-Gedankenguts einen Riegel vorzuschieben. Es würde das Vertrauen der Bevölkerung in den Polizeidienst zweifellos schwer erschüttern, wenn ein Exekutivbediensteter, der auch nur den Anschein erwecke, dieser Gesinnung nahezustehen, im Dienst belassen würde.
Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die Ablehnung und das Verbot des Nationalsozialismus und der Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut für das Wiedererstehen der Republik Österreich ab 1945 und die österreichische Rechtsordnung von wesentlicher Bedeutung sind. Diese Zielsetzung geht aus Art. 9 des Staatsvertrages von Wien, dem Verbotsgesetz und aus Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG 2008 klar und eindeutig hervor. So wurden bereits die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlosende und den Grundsatz der Gleichheit von Mann und Frau verneinende Äußerungen als schwerwiegender Vertrauensbruch gegenüber dem Dienstgeber gewertet. Das Bundesverwaltungsgericht wich nicht von dieser Rechtsprechung ab, weshalb der VwGH die Revision zurückwies.