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Asylgesetz 2005: Zum Herkunftsort sowie der notwendigen Verknüpfung von Verfolgungshandlungen und Verfolgungsgrund im Falle von Wehrdienstverweigerung oder Zwangsrekrutierungen

Ra 2024/20/0491 vom 14. Oktober 2024

Ein im April 2008 geborener Staatsangehöriger Syriens (Antragsteller) stellte im Jänner 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er lebte zunächst am Ort seiner Geburt, verließ diesen aber im Jahr 2020 mit seinen Eltern  und kam in der Folge in Syrien in einem Flüchtlingslager unter. Der Antragsteller führte als Grund für das Verlassen seines Herkunftsstaates die Angst vor der Ableistung des Militärdienstes bei der syrischen Armee und vor den Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung sowie eine ihm drohende Zwangsrekrutierung durch die Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS) ins Treffen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung von Asyl ab, erkannte dem Antragsteller jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gab der gegen die Nichtzuerkennung von Asyl gerichteten Beschwerde statt und erkannte dem Antragsteller des Status des Asylberechtigten zu. Das BVwG, das als (nunmehrige) Herkunftsregion des Antragstellers jene Örtlichkeit ansah, an dem das Flüchtlingslager liegt, in dem der Antragsteller zuletzt Unterkunft genommen hatte, ging davon aus, dass ihm durch die dort die Kontrolle ausübende HTS asylrelevante Verfolgung infolge einer zu erwartenden Zwangsrekrutierung drohe. Der ursprüngliche Herkunftsort des Antragstellers stehe unter der Kontrolle der syrischen Regierung, aber auch dort drohe dem Antragsteller Verfolgung wegen der von ihm angekündigten Weigerung, den Militärdienst bei der syrischen Armee zu leisten.

Dagegen erhob das BFA eine Amtsrevision.

Der VwGH setzte sich - auf Basis der bisherigen Rechtsprechung - mit den in der Amtsrevision aufgeworfenen Rechtsfragen hinsichtlich der Bestimmung des für die asylrechtliche Beurteilung maßgeblichen Herkunftsortes, der Asylrelevanz von Zwangsrekrutierungen durch Bürgerkriegsparteien einerseits sowie einer Wehrdienstverweigerung und Desertion aus staatlichen Streitkräften andererseits, und der Frage der Notwendigkeit der Verknüpfung zwischen einer Verfolgungshandlung und einem Grund nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) auseinander.

Im vorliegenden Fall begründete das BVwG nicht nachvollziehbar, warum es davon ausging, die Herkunftsregion des Antragstellers sei mit jener Örtlichkeit anzunehmen, in der das Flüchtlingslager, in dem der Antragsteller zuletzt Unterkunft genommen hatte, gelegen sei. Weiters waren die Schlussfolgerungen des BVwG, dem (im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG 16‑jährigen) Antragsteller drohten sowohl von der HTS als auch dem syrischen Regime mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgungshandlungen, anhand der vom BVwG getroffenen Feststellungen nicht nachvollziehbar. Der VwGH betonte in seiner Entscheidung unter Hinweis auf Vorjudikatur neuerlich, dass sich nämlich aus der derzeitigen Berichtslage zu Syrien nicht ableiten lasse, jedem männlichen Syrer, der ankündigt, keinen Militärdienst leisten und diesen verweigern zu wollen, Verfolgung aus asylrechtlich maßgeblichen Gründen drohe, sondern eine Prüfung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles notwendig ist. Zudem führte das BVwG bloß indifferent aus, dass seiner Ansicht nach im gegenständlichen Fall ein Zusammenhang zwischen der zu erwartenden Verfolgungshandlung und einem in der GFK genannten Verfolgungsgrund bestünde. Dazu verwies der VwGH auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach es nicht darauf ankomme, dass „irgendein“ Zusammenhang besteht, sondern dass die Verfolgungshandlung kausal auf einen Verfolgungsgrund im Sinn der GFK - wenn auch nicht notwendigerweise als den alleinigen Grund - zurückzuführen ist. Besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen Verfolgungshandlung und einem Konventionsgrund, kommt die Gewährung von Asyl nicht in Betracht. Dem Schutz vor (mit realem Risiko drohenden) willkürlichen Zwangsakten dient bei Fehlen eines kausalen Konnexes zu einem in der GFK genannten Grund die Gewährung subsidiären Schutzes (der dem Antragsteller aber ohnedies bereits vom BFA zuerkannt worden war).

Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf.


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