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Die Aufhebung von Begünstigungsbescheiden nach der BAO und das Vorliegen „sachlicher Unbilligkeit“
Ro 2022/13/0017 vom 16. April 2024
Nach einer Außenprüfung kam es beim Revisionswerber zu einer Nachforderung an Einkommensteuer, da bestimmte von ihm erhaltene Vergütungen neu beurteilt wurden.
Daraufhin stellte der Revisionswerber einen Nachsichtsantrag gemäß § 236 BAO. Begründend führte er dazu aus, dass die Einhebung der festgesetzten Einkommensteuer (samt Anspruchszinsen) sachlich unbillig sei, weil sein Steuerberater stets Rücksprache mit dem Finanzamt gehalten habe und sich kein Anlass ergeben habe, etwas an der Art und Weise der Deklaration der verfahrensgegenständlichen Einkünfte zu ändern. Es liege somit ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.
Zunächst gewährte das Finanzamt mit Bescheid die begehrte Nachsicht. Innerhalb der Jahresfrist hob das Finanzamt diesen Bescheid gem. § 299 BAO wieder auf und erließ zugleich einen neuen Bescheid, mit dem der Nachsichtsantrag abgewiesen wurde.
Die gegen diese beiden Bescheide erhobene Beschwerde wies das Bundesfinanzgericht (BFG) als unbegründet ab. Da wesentliche Voraussetzungen für eine Nachsicht nicht vorgelegen hätten, sei der Spruch des ersten Bescheides unrichtig gewesen und die Aufhebung gemäß § 299 BAO zu Recht erfolgt. Diesbezüglich erklärte das BFG eine Revision für zulässig, da vom VwGH noch nicht geklärt sei, in welchem Verhältnis die Änderung bzw. Zurücknahme eines Bescheides nach § 294 BAO und die Aufhebung eines Bescheides nach § 299 BAO zueinander stünden.
Im Rahmen der fallgegenständlichen Revision befasste sich der VwGH unter anderem mit der Frage, ob „Begünstigungsbescheide“ im Sinne des § 294 BAO nur dann nach § 299 BAO aufgehoben werden können, wenn zusätzlich auch die Voraussetzungen des § 294 BAO vorliegen.
Hierzu führte der VwGH aus, dass Bescheide, bei denen die Bestimmung des § 294 BAO grundsätzlich zur Anwendung gebracht werden kann („Begünstigungsbescheide“), nicht nur aufgrund dieser Bestimmung geändert oder zurückgenommen werden können, sondern - bei Vorliegen der jeweils gesondert geregelten Voraussetzungen - etwa nach den §§ 293 bis 293b BAO berichtigt oder nach § 299 BAO aufgehoben werden können; ebenso kann das zugrundeliegende Verfahren nach § 303 BAO wiederaufgenommen werden.
Weiters befasste sich der VwGH fallgegenständlich mit der „sachlichen Unbilligkeit“ im Sinne des § 236 BAO und dem Grundsatz von Treu und Glauben in Bezug auf die „Abstimmungen“ mit dem Finanzamt. In diesem Zusammenhang verwies der VwGH auf seine Rechtsprechung, in der bereits ausgeführt wurde, dass der Grundsatz von Treu und Glauben vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen Abgabenbehörde zu berücksichtigen ist. Die „Abstimmungen“ mit der Abgabenbehörde sah der VwGH fallgegenständlich nicht als „Rechtsauskünfte“ im Sinne der Rechtsprechung an.
Insgesamt wies der VwGH die Revision als unbegründet ab.