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15.12.2022 : Vorabentscheidungsersuchen zur Umsatzsteuer: Sind die Bestimmungen eines Dreiecksgeschäfts anzuwenden, wenn auf der Rechnung (lediglich) "Steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft" angegeben wird?
Ro 2020/13/0016 (EU 2021/0002) vom 15. Dezember 2022, C-247/21
Eine GmbH mit Sitz in Österreich betreibt eine grenzüberschreitende Vermittlung und einen grenzüberschreitenden Verkauf von Luxusfahrzeugen. Im Ausgangsverfahren kaufte die GmbH Fahrzeuge von einem Lieferanten im Vereinigten Königreich und verkaufte sie an ein tschechisches Unternehmen. Die Fahrzeuge wurden direkt aus dem Vereinigten Königreich in die Tschechische Republik geliefert. Auf den Rechnungen war der Hinweis "Steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft" enthalten. Es wurde dabei keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Die GmbH wies in der Zusammenfassenden Meldung an die Finanzverwaltung die UID des tschechischen Unternehmens aus und meldete das Vorliegen von Dreiecksgeschäften.
In der Folge setzte das Finanzamt in Österreich die Umsatzsteuer für die GmbH fest und beurteilte dabei die Fahrzeuglieferungen als "missglückte Dreiecksgeschäfte", weil die Rechnungen keine Hinweise auf den Übergang der Steuerschuld auf einen anderen Unternehmer enthielten. Daher habe die GmbH in Österreich jeweils (fiktive) innergemeinschaftliche Erwerbe zu besteuern. Das Bundesfinanzgericht bestätigte diese Entscheidung. Die GmbH erhob Revision.
Für den VwGH stellt sich die Frage, ob die Bestimmung des Empfängers der Lieferung des Dreiecksgeschäfts (hier: des Unternehmers in Tschechien) zum Steuerschuldner auch mit der vorliegenden Rechnungsangabe erfüllt sein könnte, wenn in der Rechnung kein Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen ist und der Rechnungsbetrag ausdrücklich als Nettobetrag bezeichnet wird. Der VwGH legte diese Frage mit vorliegenden Beschluss dem EuGH vor.
Sollte der EuGH dies verneinen, stellt sich die weitere Frage, ob eine solche Rechnungsangabe wirksam berichtigt werden kann und ob diese berichtigte Rechnung dem Empfänger zugegangen sein muss sowie, ob die Berichtigung auf den ursprünglichen Zeitpunkt der Rechnung zurückwirkt. Es stellt sich schließlich die weitere Frage, nach den Vorschriften welches Mitgliedstaats (nach österreichischem oder tschechischem Recht) sich die Rechnungsausstellung richtet.
Volltext des Beschlusses
Die Vorlagefragen im Wortlaut:
"1. Ist Art. 42 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Verbindung mit Art. 197 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie (insoweit in der Fassung der Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010) dahin auszulegen, dass eine Bestimmung des Empfängers der Lieferung als Steuerschuldner auch dann vorliegt, wenn in der Rechnung, in der kein Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen wird, angegeben wird: "Steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft"?
2. Für den Fall der Verneinung der ersten Frage:
a) Kann eine derartige Rechnungsabgabe nachträglich wirksam berichtigt werden (durch Angabe: "Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft gem. Art. 25 UStG. Die Steuerschuld geht auf den Leistungsempfänger über")?
b) Ist es für eine wirksame Berichtigung erforderlich, dass die berichtigte Rechnung dem Rechnungsempfänger zugeht?
c) Tritt die Wirkung der Berichtigung rückwirkend auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsstellung ein?
3. Ist Art. 219a der Richtlinie 2006/112/EG (in der Fassung der Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 und der Berichtigung ABl. L 299/46 vom 17. November 2010) dahin auszulegen, dass die Vorschriften über die Rechnungsstellung jenes Mitgliedstaats anzuwenden sind, dessen Vorschriften anzuwenden wären, wenn (noch) keine Bestimmung eines "Erwerbers" zum Steuerschuldner in der Rechnung erfolgt ist; oder sind die Vorschriften jenes Mitgliedstaats anzuwenden, dessen Vorschriften bei angenommener Wirksamkeit der Bestimmung des "Erwerbers" zum Steuerschuldner anzuwenden wären?"
Mit seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2022, C-247/21, sprach der EuGH aus, dass der Enderwerber im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts nicht wirksam als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt worden ist, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ gemäß Art. 226 Nr. 11a der Richtlinie 2006/112 in geänderter Fassung enthält.
Zur zweiten Frage sprach der EuGH aus, dass das Weglassen der nach dieser Bestimmung erforderlichen Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf einer Rechnung nicht später durch Ergänzung eines Hinweises darauf berichtigt werden kann, dass diese Rechnung ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft betrifft und dass die Steuerschuld auf den Empfänger der Lieferung übergeht.
Da die angefochtene Entscheidung des BFG somit nicht im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH steht, wies der VwGH die Revision der GmbH mangels Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung mit Beschluss vom 15. Dezember 2022 zurück.