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Frühere Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union können im Archiv eingesehen werden.

1.7.2024 DSGVO: Fragen zur Regelung des parallelen Rechtsschutzes in Art. 77 und Art. 79 DSGVO

Ra 2021/04/0009, Ra 2021/04/0107 (EU 2024/0001 bis 0002) vom 17. Mai 2024

Im Ausgangsverfahren begehrte bereits im Juli 2017 eine Ärztin die Löschung ihrer Daten (Bewertungen) auf einer Ärztebewertungsplattform, welche die Löschung jedoch ablehnte. In weiterer Folge brachte die Ärztin eine Klage bei einem Zivilgericht ein, in der sie die Löschung sowie die Untersagung der weiteren Verwendung ihrer Daten beantragte.

Nach dem Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 begehrte die Ärztin erneut die Löschung ihrer Daten auf der Bewertungsplattform, was abermals abgelehnt wurde. Daraufhin erhob die Ärztin bei der Datenschutzbehörde eine Datenschutzbeschwerde nach Art. 77 DSGVO. Die Datenschutzbehörde wies die Beschwerde jedoch mit Bescheid zurück, weil sie davon ausging, dass sie nicht über dieselbe Frage absprechen könne, welche auch bereits im Sinne des Art. 79 DSGVO gerichtlich anhängig sei. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme des Beschwerderechts bei der Aufsichtsbehörde und des gerichtlichen Rechtsbehelfs in derselben Sache komme nicht in Betracht.

Gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde erhob die Ärztin eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In der Zwischenzeit wurde die zivilrechtliche Klage der Ärztin im Sinne des Art. 79 DSGVO – nicht rechtskräftig – abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde ab, stützte sich dabei jedoch auf eine andere Begründung als die Datenschutzbehörde. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war das Urteil des Zivilgerichts noch nicht rechtskräftig.

Schließlich erhoben sowohl die Ärztin als auch die Datenschutzbehörde jeweils eine Revision.

Im Revisionsverfahren entstanden beim VwGH Zweifel an der Auslegung der DSGVO und ihren Rechtsschutzbestimmungen.

Zunächst verwies der VwGH hiezu auf zwei in jüngerer Zeit ergangene Urteile des EuGH (C-132/21 vom 12. Jänner 2023 sowie C-26/22 und C-64/22 vom 7. Dezember 2023), nach welchen der Rechtsbehelf nach Art. 77 DSGVO im Wege einer Beschwerde an eine Aufsichtsbehörde und der (zivil-)gerichtliche Rechtsbehelf nach Art. 79 DSGVO nebeneinander und unabhängig voneinander eingelegt werden können. Der EuGH führte dazu aus, dass die weiteren Modalitäten für die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren den Mitgliedstaaten, die dabei ein hohes Schutzniveau der Unionsrechte gewährleisten sollen, obliegen. So seien etwa einander widersprechende Entscheidungen zu vermeiden.

Der VwGH möchte nun vom EuGH wissen, ob es eine zulässige Modalität des Rechtsschutzes darstellt, wenn eine Beschwerde nach Art. 77 DSGVO zurückgewiesen wird, weil in derselben Sache bereits ein gerichtlicher Rechtsbehelf nach Art. 79 DSGVO eingelegt wurde und das gerichtliche Verfahren noch anhängig ist (1. Frage).

Sollte der EuGH die erste Frage verneinen, stellt sich für den VwGH die weitere Frage, ob es dann eine zulässige Modalität des Rechtsschutzes darstellt, wenn eine Beschwerde nach Art. 77 DSGVO zurückgewiesen wird, weil in dem zur selben Rechtssache anhängigen gerichtlichen Verfahren bereits eine inhaltliche Entscheidung, wenn auch nicht rechtskräftig, ergangen ist (2. Frage).

Volltext des Beschlusses

Die Vorlagefragen im Wortlaut:

Sind die Art. 77 und 79 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz‑Grundverordnung ‑ DSGVO) vor dem Hintergrund der Ausführungen des EuGH in den Urteilen vom 12. Jänner 2023, Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság, C‑132/21, sowie vom 7. Dezember 2023, SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C‑26/22 und C‑64/22, dahingehend auszulegen,

1. dass die innerstaatlich vorgesehene Möglichkeit der Zurückweisung einer Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde nach Art. 77 DSGVO auf Grund der bereits zuvor erfolgten Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs nach Art. 79 DSGVO in derselben Rechtssache und des Umstands der Anhängigkeit dieses Rechtsbehelfs bei Gericht eine zulässige Modalität zur Regelung des Zusammenspiels dieser Rechtsbehelfe (im Sinn der genannten Rechtsprechung des EuGH) darstellt,

und falls die erste Frage verneint wird,

2. dass die innerstaatlich vorgesehene Möglichkeit der Zurückweisung einer Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde nach Art. 77 DSGVO auf Grund des Umstandes, dass in dem zur selben Rechtssache anhängig gemachten Verfahren über den gerichtlichen Rechtsbehelf nach Art. 79 DSGVO bereits eine (wenn auch noch nicht rechtskräftige) inhaltliche Entscheidung ergangen ist, eine zulässige Modalität zur Regelung des Zusammenspiels dieser Rechtsbehelfe (im Sinn der genannten Rechtsprechung des EuGH) darstellt?