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Frühere Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union können im Archiv eingesehen werden.

29.11.2024 Vorabentscheidungsersuchen: „garantierte“ Steuerbefreiung von Goldmünzen als Anlagegold?

EU 2024/0003 (Ra 2022/16/0107) vom 24. Oktober 2024

Die Revisionswerberin, eine liechtensteinische Aktiengesellschaft, verbrachte Goldmünzen der Serie „300 Jahre Liechtenstein“ nach Österreich. Der Preis dieser Münzen überstieg ihren Goldwert um ein Vielfaches. Die Revisionswerberin beantragte zunächst die Abfertigung der Münzen mit 20 % Einfuhrumsatzsteuer, begehrte später aber die Rückerstattung der Einfuhrumsatzsteuer. Sie argumentierte, die Münzen seien als steuerfreies Anlagegold nach Artikel 344 Abs. 1 Z 2 der Richtlinie 2006/112/EG einzustufen. Zu der in der genannten Richtlinienbestimmung vorgesehenen Voraussetzung, wonach die Goldmünzen üblicherweise zu einem Preis verkauft werden müssen, der den Offenmarktwert ihres Goldgehaltes um nicht mehr als 80 % übersteigt, führte die Revisionswerberin aus, der Preis sei wegen ihrer geringen Auflage und des Sammlerwertes höher.

Das Zollamt wies den Erstattungsantrag ab, weil die Münzen nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen für steuerfreies Anlagegold erfüllt hätten, insbesondere, weil der Preis den Marktwert des Goldgehalts um mehr als 80 % überstiegen habe.

In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, die Goldmünzen seien nach der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 8 lit. j sublit. bb UStG 1994 als steuerfreies Anlagegold einzustufen, weil sie in der Liste der Verordnung des Bundesministers für Finanzen BGBl II Nr. 33/2019, genannt seien, womit die Erfüllung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung „garantiert“ seien.

Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, dass nicht alle Goldmünzen allein durch die Aufnahme in die Liste der Verordnung BGBl II Nr. 33/2019 steuerfrei seien, ohne dass auch die weiteren in § 6 Abs. 1 Z 8 lit. j sublit. bb UStG 1994 genannten Kriterien erfüllt sein müssten.

Daraufhin erhob die liechtensteinische Aktiengesellschaft Revision und argumentierte, dass der Listeneintrag verbindlich sein müsse und automatisch zur Steuerbefreiung führen solle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt. Der EuGH soll nun insbesondere die Frage klären, ob die Aufnahme von Goldmünzen in das jährlich von der EU-Kommission veröffentlichte Verzeichnis automatisch zur Steuerbefreiung führt, unabhängig davon, ob diese Münzen die materiellen Kriterien für Anlagegold des Art. 344 der Richtlinie 2006/112/EG erfüllen.

Der EuGH soll demnach entscheiden, ob die Listenveröffentlichung als „Garantie“ für die Steuerbefreiung dient, oder ob stets alle Kriterien für das Vorliegen von Anlagegold individuell geprüft werden müssen.

Volltext des Beschlusses

Die Vorlagefragen im Wortlaut:

1. Sind Artikel 345 und 346 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem dahin auszulegen, dass Goldmünzen, die im jährlich von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis genannt sind, jedenfalls als Münzen gelten, die die in Artikel 344 der Richtlinie 2006/112/EG genannten Kriterien erfüllen, sodass sie unter die in Artikel 346 der Richtlinie 2006/112/EG geregelte Steuerbefreiung fallen, und zwar auch dann, wenn diese Goldmünzen die in Artikel 344 der Richtlinie 2006/112/EG genannten Kriterien im Zeitpunkt ihrer Einfuhr nicht erfüllt haben?

2. Ist es für die Beantwortung der Frage 1 von Bedeutung, ob diese Goldmünzen die in Artikel 344 der Richtlinie 2006/112/EG genannten Kriterien bereits im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Ausgabe nicht erfüllt haben?

3. Ist Artikel 345 der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen, dass Goldmünzen bereits dann als im jährlich von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis angeführt gelten, wenn sie einen entsprechenden, im genannten Verzeichnis genannten Nominalwert aufweisen, und zwar auch dann, wenn diese Goldmünzen die in Artikel 344 der Richtlinie 2006/112/EG genannten Kriterien bereits im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Ausgabe nicht erfüllt haben?

4. Ist es für die Beantwortung der Frage 3 von Bedeutung, ob diese Goldmünzen die in Artikel 344 der Richtlinie 2006/112/EG genannten Kriterien im Zeitpunkt der Veröffentlichung des genannten Verzeichnisses nicht erfüllt haben?

5. Ist Artikel 345 der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen, dass Goldmünzen bereits dann als im jährlich von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis angeführt gelten, wenn sie einen entsprechenden, im genannten Verzeichnis genannten Nominalwert aufweisen, und zwar auch dann, wenn sie die in Artikel 344 der Richtlinie 2006/112/EG genannten Kriterien erfüllen, aber erst nach Veröffentlichung des Verzeichnisses geprägt (und ausgegeben) werden, und es sich dabei nicht um weitere Emissionen von im Verzeichnis bereits ausdrücklich genannten Goldmünzen handelt?

6. Ist Artikel 344 Abs. 1 Z 2 der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen, dass Goldmünzen bereits dann als gesetzliches Zahlungsmittel in ihrem Ursprungsland im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, wenn sie aufgrund nationaler gesetzlicher Bestimmungen lediglich von den öffentlichen Kassen und von der mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand stehenden Gesellschaft, die diese Goldmünzen geprägt und ausgegeben hat, zum Nominalwert angenommen werden müssen, nicht jedoch im regulären Zahlungsverkehr von sämtlichen Gläubigern?