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13.12.2024
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Vorabentscheidungsersuchen: Innergemeinschaftlicher Erwerb bei Steuerschuld aufgrund Rechnungslegung?
EU 2024/0004 (Ra 2023/15/0003) vom 23. Oktober 2024
Die Mitbeteiligte, eine österreichische GmbH, erwarb Waren von Unternehmern aus Österreich, die grenzüberschreitend in andere Mitgliedstaaten der EU geliefert wurden. Sie trat gegenüber ihren Lieferanten nicht unter einer ausländischen, sondern ihrer österreichischen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer auf. Die Lieferer stellten ihre Rechnungen mit österreichischer Umsatzsteuer aus, die Mitbeteiligte wollte aus diesen Rechnungen den Vorsteuerabzug vornehmen. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb wegen Verwendens einer vom Bestimmungsland abweichenden Mehrwertsteueridentifikationsnummer wurde nicht erklärt. Eine Rechnungsberichtigung erfolgte nicht.
Das Finanzamt setzte die auf diesen innergemeinschaftlichen Erwerb entfallende Umsatzsteuer fest und versagte deren Abzug als Vorsteuer
Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde (im zweiten Rechtsgang) Folge und sprach unter Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-696/20, B gegen Dyrektor Izby Skarbowej w W., aus, dass es zu keinem innergemeinschaftlichen Erwerb der Mitbeteiligten wegen Verwendens ihrer österreichischen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer gekommen sei.
Dagegen erhob das Finanzamt Revision und argumentierte, es liege ein anderer Sachverhalt als in der erwähnten Rechtssache C-696/20 vor. Im Revisionsfall sei nämlich durch den unrichtigen Ausweis der österreichischen Umsatzsteuer in den Rechnungen eine Steuerschuld des Lieferers nach § 11 Abs. 12 UStG 1994 entstanden.
Für den Verwaltungsgerichtshof sind Zweifel daran entstanden, ob die Judikatur des EuGH, insbesondere in der Rechtssache C-696/20, auf den gegenständlichen Sachverhalt anwendbar ist und hat dem EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt. Der EuGH soll klären, ob in einer Konstellation wie im vorliegenden Revisionsfall die Erwerbsbesteuerung trotz Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 bzw. Art. 41 Mehrwertsteuersystemrichtlinie aufgrund der Steuerschuld kraft Inrechnungstellung entfallen muss und wie sich diesfalls eine allenfalls vorgenommene Rechnungsberichtigung durch den Lieferer auswirken würde.
Volltext des Beschlusses
Die Vorlagefragen im Wortlaut:
- Stehen die Art. 40, 41 und 203 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Neutralität der Anwendung einer nationalen Bestimmung ‑ Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 ‑, wonach der Erwerb solange in dem Gebiet jenes Mitgliedstaates, dessen Mehrwertsteuer‑Identifikationsnummer vom Erwerber verwendet wurde, als bewirkt gilt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb in jenem Mitgliedstaat besteuert wurde, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, in solchen Fällen entgegen, in denen der innergemeinschaftliche Erwerb mit einer innergemeinschaftlichen Lieferung einhergeht, die in Österreich als steuerfreie Lieferung behandelt wurde, aber aufgrund des Ausweises einer österreichischen Umsatzsteuer in der Rechnung eine Steuerschuld für diese Lieferung aufgrund der ausgestellten Rechnung besteht.