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14.09.2015 Überstellung einer Asylwerberin mit Kindern nach Ungarn im Dublin-System muss nochmals überprüft werden (Asylrecht)

Ra 2015/18/0113 bis 0120 vom 8. September 2015

Die gesetzliche Vermutung, dass Ungarn für Asylwerber sicher ist, besteht derzeit nicht mehr.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfte eine alleinstehende afghanische Asylwerberin mit mehreren minderjährigen Kindern ihre Rücküberstellung nach Ungarn. Sie hatte in Ungarn Asyl beantragt, war aber danach im Oktober 2014 nach Österreich weitergereist. Die Asylbehörde ordnete die Überstellung an, weil Ungarn nach der Dublin III-Verordnung für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Mai dieses Jahres und stützte sich dabei im Wesentlichen auf Lageberichte aus dem Sommer 2014.  

Der Verwaltungsgerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass bei drohender Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention oder der Grundrechtecharta der Europäischen Union, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung verbieten, keine Überstellung von Asylwerbern in den nach den Dublin-Regeln zuständigen Staat erfolgen darf. 

Die Lage in Ungarn hat sich zumindest seit Oktober 2014 deutlich verändert, weil ein massiver Zustrom von asylsuchenden Personen stattgefunden hat. Dieser Umstand in Verbindung mit der konkreten Kritik an den Aufnahmebedingungen für Asylwerber in Ungarn führt dazu, dass die gesetzliche Vermutung, Ungarn sei für Asylwerber sicher, derzeit nicht mehr besteht. Die Asylbehörde und das Bundesverwaltungsgericht müssen sich daher genauer als bisher mit der aktuellen Lage in Ungarn auseinandersetzen und prüfen, ob Österreich asylsuchende Personen im Dublin-System nach Ungarn zurücküberstellen dürfe. Eine endgültige Klärung dieser Frage ist erst nach Vorliegen derartiger Ermittlungsergebnisse möglich. 


Der Verwaltungsgerichtshof ist das österreichische Höchstgericht in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Seine Entscheidungen unterliegen keinem weiteren Rechtszug.