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5.8.2024 Schwarze Sulm: Zur Auslegung eines Bescheidspruches im Rahmen eines wasserrechtlichen Änderungsverfahrens im Falle eines integrierenden Ausspruches, der vidierte Pläne zu einem Teil des Spruches macht

Ra 2023/07/0112 bis 0114 vom 4. Juli 2024

Der vorliegende Fall betrifft das Kraftwerksprojekt Schwarze Sulm, dessen Errichtung bereits im Mai 2007 wasserrechtlich bewilligt wurde.

Auf Anregung des (damaligen) Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wurde im Jahr 2012 ein Anpassungsverfahren nach § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG) eingeleitet und mit Bescheid vom September 2013 zum Schutz der Umwelt mehrere zu erreichende Anpassungsziele vorgeschrieben. Den Projektbetreibern wurde aufgetragen, den Anpassungszielen entsprechende Projektunterlagen vorzulegen.

In der Folge beantragten die Projektbetreiber die Bewilligung mehrerer Änderungen an der Kraftwerksanlage und legten zur Erreichung der im September 2013 vorgeschriebenen Anpassungsziele Projektunterlagen vor.

Mit Bescheid vom März 2017 wurden einerseits die von den Projektbetreibern beantragten Änderungen an der Kraftwerksanlage gemäß § 21 Abs. 5 WRG bewilligt. Andererseits wurde festgestellt, dass die vorgelegten Projektunterlagen den Anpassungszielen entsprechen und diese Anpassungen somit gemäß § 21a WRG ebenfalls bewilligt werden.

Die dagegen von nach dem UVP-G anerkannten Umweltorganisationen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) im ersten Rechtsgang ab.

Diese Entscheidung wurde in weiterer Folge nach Revisionserhebung der Umweltorganisationen an den VwGH von diesem wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Insbesondere wurde ausgesprochen, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien im Zusammenhang mit einer allfälligen Neuverleihung des Wasserbenutzungsrechtes auseinandersetzen müsse, wonach aufgrund der Änderung der Druckrohrleitungstrasse und des Wasserfassungsstandortes die Wasserkraftanlage erst „funktionsfähig“ werde, denn nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien liege in Bezug auf die rechtskräftige Bewilligung der belangten Behörde vom Mai 2007 ein „funktionsunfähiges Wasserkraftwerk“ vor.

Im zweiten Rechtsgang nahm das Verwaltungsgericht auf näher zitierte Rechtsprechung des VwGH Bezug, wonach bei einem allfälligen Widerspruch zwischen dem Spruch eines Bewilligungsbescheides und den der Bewilligung zugrundeliegenden Einreichunterlagen der Bescheidspruch vorgehe. In Anwendung dieser Judikatur gelangte das Verwaltungsgericht zu dem Schluss, dass gegenständlich mit Genehmigungsvermerk versehene Planunterlagen, die in Widerspruch zum Bescheidspruch stünden, bei der Beurteilung der Frage der Funktionsfähigkeit der (mit Bescheid vom Mai 2007 bewilligten) Anlage nicht heranzuziehen oder einschränkend zu lesen seien. Im Ergebnis liege - nach Ansicht des Verwaltungsgerichts - schon mit Bescheid von 2007 ein funktionsfähiges Kraftwerk vor. Die von der Behörde bewilligten Änderungen der Druckrohrleitungstrasse und des Wasserfassungsstandortes sowie die notwendigen Änderungen im Rahmen des § 21a-WRG-Verfahrens hätten zulässigerweise im Änderungsverfahren vorgenommen werden dürfen und es lägen keine Gründe für die Notwendigkeit einer Neuerteilung eines Wasserbenutzungsrechtes vor.

Auch dagegen erhoben drei Umweltorganisationen Revision an den VwGH.

Der VwGH setzte sich insbesondere mit der Annahme des Verwaltungsgerichtes, wonach vidierte Planunterlagen, die in Widerspruch zum (übrigen) Bescheidspruch stünden, bei der Beurteilung der Frage der Funktionsfähigkeit der (mit Bescheid vom Mai 2007 bewilligten) Anlage nicht heranzuziehen oder einschränkend zu lesen seien, auseinander.

Der VwGH verneinte in diesem Zusammenhang die vom Verwaltungsgericht angenommene Übertragbarkeit der herangezogenen Entscheidungen des VwGH, denn diese betrafen nicht Sachverhaltskonstellationen, bei denen, wie beim hier gegenständlichen Fall, Projektunterlagen integrierender Bestandteil des Bescheidspruches wurden. Somit durfte das Verwaltungsgericht die Planungsunterlagen, die im Widerspruch mit dem (übrigen) Bescheidspruch stehen, nicht einschränkend lesen oder gänzlich bei seiner Beurteilung der Funktionsfähigkeit außer Acht lassen.

Der VwGH hielt fest, dass eben - im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichtes - kein Fall eines Widerspruches zwischen dem Spruch eines Bescheides und den der Bewilligung zu Grunde liegenden Einreichunterlagen vorliegt, sondern allenfalls ein Widerspruch innerhalb der vidierten Einreichunterlagen selbst. Diese Konstellation wäre so zu betrachten, wie wenn ein in sich unklarer bzw. widersprüchlicher Bescheidspruch bestünde.

Der VwGH hob daher die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. 

Das Verwaltungsgericht hat im fortgesetzten Verfahren unter Berücksichtigung der gesamten vidierten Planunterlagen den Inhalt der Bewilligung vom 24. Mai 2007 zu ermitteln und ausgehend davon ist -  allenfalls auch unter Bedachtnahme auf das Ausmaß der Änderungen - zu prüfen, ob die belangte Behörde den Bescheid vom 21. März 2017 im Wege eines Änderungsbewilligungsverfahrens erlassen durfte oder ein Neubewilligungsverfahren erforderlich ist.

Volltext der Entscheidung


Kontakt für Rückfragen: 
Medienstelle des Verwaltungsgerichtshofes
Mag. Dr. Bettina Maurer-Kober, LL.M.
Telefon: (01) 531 11 - 404
E-Mail: medien@vwgh.gv.at


Der Verwaltungsgerichtshof ist das österreichische Höchstgericht in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Seine Entscheidungen unterliegen keinem weiteren Rechtszug.